Vierzehnte Vorlesung.
Für den Chemiker ist der Organismus eine fremde
Fabrik, deren Fabriksgeheimnisse er zu ergründen
sucht. Zunächst mufste man dabei darauf ausgehen,
die organischen Stoffe auf irgend eine Weise im La
boratorium herzustellen. Dies wollte längere Zeit
nicht gelingen, so dafs man daran dachte, dafs zur
Herstellung derselben besondere, »vitale« Affinitäten
gehörten, welche die Elemente nur im Organismus
betätigten. Als aber dann Wähler mit seiner Harn
stoffsynthese hervortrat und auf diese Entdeckung
nach und nach jene glänzende Reihe von Synthesen
pflanzlicher Säuren, der Kohlenhydrate, pflanzlicher
Färb- und Riechstoffe, der Purinderivate u. s. w. folgte,
durfte man einsehen, dafs die gewöhnlichen Verwandt
schaftskräfte ausreichten zur Bildung der organischen
Stoffe. Und heute zweifelt niemand mehr, dafs grund
sätzlich alle chemischen Produkte der Lebewesen, ein-
schliefslich der Eiweifskörper, im Laboratorium her
stellbar sind und nach genügender Vorbereitung auch
werden hergestellt werden.
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