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liehen Falle es sich vielleicht um grundsätzlich Ver
schiedenes handle, indem doch der Organismus den
Reizen gegenüber mit einem um so heftigeren Wider
stand reagiert, als diese zerstörend auf ihn einwirkt.
Und dieses egoistische Moment scheint den anorgani
schen Anpassungen, die tatsächlich auf blofse Entropie
vermehrung hinauskommen, zu fehlen. Diese Seite
der vitalen Selbsterhaltung fafste W. Roux als Gesetz
der funktionellen Anpassung in die Worte: »Die Be
anspruchung eines lebenden Gebildes stärkt dessen
spezifische Leistung und Leistungsfähigkeit.«
Wir können jetzt also die eingangs gestellte Frage
genauer dahin bestimmen: vermag man sich gegen
wärtig ein chemisches Gebilde vorzustellen, welches die
Eigenschaft hätte, sich spezifisch organisch anzupassen?
Zu dieser Frage verdanken wir dem berühmten
Physiologen Ewald Hering 1 ) eine überaus scharf
sinnige Untersuchung. H ering hat gezeigt, dafs man
die organische Anpassung in der Tat verstehen kann,
wenn man von einem chemischen System ausgeht,
welchem bestimmte Eigenschaften beigelegt werden.
Wir werden also in letzter Linie zu entscheiden haben,
ob Herings Annahmen den gegenwärtig bekannten
dynamischen Gesetzen der Chemie entsprechen.
Hering geht von einer Substanz aus, die, wie
wir es oben für das Protoplasma annahmen, sich stetig
x ) Zur Theorie der Vorgänge in der lebendigen Substanz.
Ztschr. Lotos. Prag 1888.