219
zersetzt und wieder erzeugt, durch die sich also ein
Strom von Energie hindurchergiefst. Sie erhält sich
ihrer Form nach, indem sie ein stationäres Gleich
gewicht darstellt zwischen Zunahme und Schwund
oder Assimilierung A und Dissimilierung D. Dieses
Gleichgewicht heifse das autonome. Weiter nimmt
Hering an, dafs durch hinzutretende äufsere Bedin
gungen oder Reize, entweder die D oder die A ein
seitig vermehrt werden solle. Hierdurch wird dann
das autonome Gleichgewicht gestört und die Substanz
kommt in einen gereizten Zustand. 1 ) Nun nimmt
Hering weiter an, und das ist der springende Punkt,
dais durch den D-Reiz, der eine vermehrte D ver-
anlafst, die Disposition zur D abnimmt und die
Disposition zur A zunimmt. Das Umgekehrte
findet infolge eines A-Reizes statt: es wächst die A,
und es soll sich darauf die A-Disposition vermindern
und die jD-D isposition steigern.
Man sieht nun leicht, dafs eine Substanz, welche
diesen Voraussetzungen gehorcht, die Eigenschaft der
automatischen Steuerung ihres stationären Gleichge
wichts gewinnt. Wirkt nämlich ein Z)-Reiz immer
weiter, so nimmt bei verminderter D -Disposition die
autonome B mehr und mehr ab, während die auto
nome A wächst, und das Ergebnis dieser Selbst
*) Die Reizbarkeit ist keine vitale Grundeigenschaft. Denn
alle Körper sind reizbar, auch die unorganischen. Z. B. Patronen,
Magnetnadeln, elastische Federn, Quecksilbertropfen.