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der Thier- und Pflanzenwelt und scheint hier oft eine wichtige
Rolle zu spielen; Bernardund Barreswill haben ihre Exi
stenz im Magensafte nachgewiesen, auch soll sie sich nach
G o b 1 e y im freien Zustande im Eigelb befinden. Man trifft sie
in allen Pflanzensäften, deren geistige Gährung unter dazu geeig
neten Umständen vor sich gegangen ist, in den verdorbenen und
gegohrenen Mehlarten aller Cerealien, in der abgesetzten Loh
brühe und im Sauerwasser der Weizenstärkmehl-Fabriken. Sie
bildet gich in reichlicher Menge, wenn irgend eine Art vou
Zucker bei einer Temperatur von 20— 30° C. mit einem kohlen
saurem Alkali oder einer kohlensauren Erde und Ferment und
besonders wenn sie mit Käsestoff in Berührung kömmt. Diesen
Bildungsprocess hat man die Milchsäuregährung genannt.
Die Milchsäure ist färb- und geruchlos und im concentrir-
ten Zustande sehr sauer; beim Verdünnen mit Wasser verliert
sie diesen sauren Geschmack auffallend. Auch im Weingeist,
weniger im Aether, ist sie löslich. Sie bringt in der Siedehitze
Milch so wie Eiweiss zum Gerinnen. Phosphorsauren Kalk (der
Knochen) löst sie leicht und rasch so wie auch Kleber und einige
Proteinkörper auf. Sie ist nicht destillirbar, wohl aber unter
theilweiser Zersetzung sublimirbar, wobei sie 2 Atome Wasser
verliert und in Brenzmilchsäure übergeht, die sich im Wasser
wieder allmälig durch Aufnahme desselben in Milchsäure ver
wandelt. Durch Kochen mit concentrirter Salpetersäure wird sie
in Oxalsäure umgewandelt.
Die Milchsäure, wie sie in den milchsauren Salzen enthal
ten ist, besteht aus:
c 6 H 5 0 5 ;
im isolirten Zustande enthält sie noch 1 Atom Wasser
= C 6 H 5 0 5 -f aq.
Die Einwirkung der Wärme auf dieselbe ist sehr merkwür
dig. Bei der Destillation bis 130° C bleibt die wasserfreie Säure
C 6 H 5 0 5 im Rückstände, welche besonders mit löslichen Basen
in Berührung sich so zu sagen momentan in das Hydrat ver
wandelt, weshalb sie derjenigen beschränkten Gruppe von Säuren
beizuzählen ist, welche durch Erhitzung ihr basisches Wasser
verlieren.
Wichtig ist die Uebereinstimmung in der Zusammensetzung
der Milchsäure mit dem wasserfreien Zucker und Stärkmehl, in