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den Dualismus der Erreger bei Vorhandensein eines flüssigen
Leiters (Schweigger, Colin, Kämtz, Kölle);
3) als einen Vegetationsproceß, wobei die neu gebildete
Hefe die entstandene Pflanze (Zuckerpilz) ist (Erxleben, Ca-
gniard - Latour, Schwann, Kützing, Quevenne, Du
mas, Mitscherlich, Mulder);
4) für einen katalytischen Proceß (Berzelius);
5) für die Wirkung gewisser stickstoffhaltiger, in fortwäh
render Zersetzung oder Umsetzung ihrer Elemente begriffener
Körper (der Hefe), welche bei der Berührung mit Zucker diesen
ebenfalls in den Kreis der Zersetzung mit hineinziehen und so
sein Zerfallen in Alkohol und Kohlensäure bedingen; man
könnte diese Erscheinung mit Ansteckung und deren Ursache mit
Anstecknngskraft bezeichnen (Leuchs, Löwig, Liebig).
Diese verschiedenen Ansichten über den Gährproceß sollen
nun hier erörtert werden.
Ad 1) Meißner betrachtet die organischen Stoffe ge
bildet durch paarweise Vereinigung gleichhoch zusammengesetzter,
längst bekannter unorganischer Verbindungen, als deren Factoren
am häufigsten das Wasser und die sämmtlichen Carbon
oxyde und Carbonhydroide, seltener die Azotoxyde und
Azothydroide anzutreffen sind. Der Zucker wäre nach dieser
Ansicht carbonsaures Carbonsubhydroidulhydrat. Es lasse sich
nun bei dem Umstande, daß bisher weder der reine Wein noch
das Ferment frei von allen fremden Beimengungen dargestellt
und analysirt werden konnten, keine durch das Experiment er
wiesene Erklärung geben; allein aus allen Nebenumständen
werde man veranlaßt, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu folgern:
daß aus dem Ferment oder doch aus einigen Bestandtheilen
desselben durch Wasseraufnahme ein Fermenthydrat ensteht, sich
als solches mit dem Carbonsubhydroidulhydrat des Zuckers
verbindet und ans diesem Grunde die Carbonsäure ausgeschieden
wird, wonach also der reine Wein aus Fermenthydrat und
Carbonsubhydroidulhydrat zusammengesetzt sei. Der reine Wein
wäre demnach eine Verbindung von Alkohol, Ferment und Wasser,
enthalte Carbon, Hydrogen, Oxygen und Azot, und sei von
dem Alkohol wohl zu unterscheiden. Er bestehe aber nur durch
schwache Verwandschaft und sei ungemein zersetzbar, z. B. durch
bloße Erhitzung, wobei sich der Alkohol aus der Verbindung
lostrennt und überdestillirt.