Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 1. Theil)

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Diese Ansicht sei wenigstens mit allen Erscheinungen und 
selbst mit der Zersetzung des Weins im Einklänge; sie erkläre 
zugleich durch die Bildung einer Verbindung von geringerer 
Wärme-Capacität die Entstehung der freien Wärme im Ver 
laufe des Gährprocesses, und werde, sobald sie erwiesen ist, den 
reinen Wein in die Reihe der azothaltigen indifferenten orga 
nischen Substanzen versetzen. 
Man sieht, daß diese Ansicht vom Gährprocesse die Erfolge 
der geistigen Gährung bloß der chemischen Verwandschaft, der 
chemischen Einwirkung des Ferments auf den Zucker zuschreibt. 
Das Ferment sei erst im 400fachen Gewicht Wasser löslich, und 
diese geringe Löslichkeit desselben sei die Ursache, daß die geistige 
Gährung nur langsam vor sich geht, so wie, daß man sich von 
der Weingährung sehr abenteuerliche Vorstellungen gemacht habe. 
Das nächste Product der geistigen Gährung zuckerhaltiger 
Flüssigkeiten ist nach Meißner der junge Wein (Zuckerwein, 
Traubenwein, Malzwein); er besteht aus Carbonsubhydroidul- 
hydrat (Alkohol) und Fermenthydrat (eine stickstoffhaltige Sub 
stanz, Proteinverbindung?). In der That bleibt eine solche 
Substanz im Rückstände, wenn man den Alkohol aus dem 
Weine abdestillirt. Döbereiner hat in allen gegohrenen 
alkoholhaltigen Flüssigkeiten einen Stickstoffgehalt nachgewiesen; 
er hat ihn in Form von Ammoniak daraus dargestellt. Döbe 
reiner hat hieraus nur den etwas übereilten Schluß gezogen, 
daß das Ammoniak, als solches, einen nie fehlenden Bestand- 
theil der gegohrenen Flüssigkeiten ausmache. Wenn man aber 
auf die Methode zurücksieht, mittelst welcher dasselbe von Dö 
bereiner aus den gegohrenen Flüssigkeiten ausgeschieden wurde, 
so wird es klar, daß dadurch die Präexistenz des Ammoniaks 
in Wein, Bier rc. keineswegs erwiesen ist. Der Ammoniakge 
halt in diesen Flüssigkeiten wurde nämlich auf die Art bestimmt, 
daß die gegohrenen Flüssigkeiten unmittelbar, oder dieselben auch 
bis zu einem gewissen Grade abgedampft mit Ätzkali gekocht wurden. 
Nun hat man aber neuerer Zeit gefunden, daß ätzende fixe 
Alkalien aus allen stickstoffhaltigen Substanzen beim Kochen 
damit Ammoniak entbinden, ohne daß dessen Präexistenz in den 
selben nachgewiesen worden wäre, so daß man annehmen muß, 
es werde aus den Elementen dieser Substanzen durch Einwir 
kung des Alkali erst gebildet und entwickelt. Hiernach erscheint 
das Vorkommen des Ammoniaks in den gegohrenen geistigen
	        
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