Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 1. Theil)

weil sie gewissermaßen den Übergang zu der Betrachtung der 
folgenden macht. 
Ad 2) Man hat den Gährproceß auch mit einem galva 
nischen verglichen. Viele haben dieser Ansicht gehuldigt und 
sie vertheidigt; gegenwärtig scheint man davon größtentheils 
abgekommen zu sein. Es wäre wohl ebenso schwer, einen ganz 
vollgiltigen Beweis dafür als dagegen zu finden, da alle che 
mische Processe von elektrischen begleitet sind und chemische 
Differenz mit elektrischer Polarität gleichbedeutend genommen 
wird. Die Bildung der neuen Hefe findet dadurch ebensowenig 
eine Erklärung, wie die Zersetzung derselben bei der Gährung 
gemeinen Zuckers. 
Kämtz hat bewiesen, daß bei der Berührung von Hefe 
und gemeinem Zucker eine elektrische Spannung eintrete. Der 
Zucker wird negativ, die Hefe wird positiv elektrisch. Bei ge 
schlossenen Ketten aus einem flüssigen und starren Körper wird 
der negativ elektrische zerlegt — hier der Zucker —, und er 
liefert dabei 2 Producte von entgegengesetzter Elektricität: die 
Kohlensäure, welche negativ, und den Alkohol, welcher positiv 
elektrisch ist. Ein geringer Säurezusatz vermehrt die Leitungs- 
sähigkeit der Flüssigkeit für Elektricität und befördert dadurch 
die galvanische Zersetzung. Dasselbe findet Statt bei der gei 
stigen Gährung durch einen geringen Zusatz von Pflanzensäuren, 
z. B. Weinsäure, Äpfelsäure, selbst Kohlensäure, zur gährenden 
Flüssigkeit, indem dadurch der Gährproceß verstärkt wird. 
Wenn man die Gährimgserscheinungen von Standpuncte 
der Elektrochemie betrachtet, so findet man Mehres, was für 
diese Ansicht sprechen würde, als: den Dualismus der Erreger; 
das Vorhaudeusein eines flüssigen Leiters; den Dualismus der 
Zersetzungs-Producte des Zuckers; die Beförderuug des Gähr- 
processes durch wenig Pflanzensäuren, saure Pflanzensäfte, wenig 
Salz; die hindernde Wirkung von viel Salz, wobei dieses ne 
gativ elektrisch wird; die Zunahme der Temperatur bei der 
Gährung. 
Man wollte mit dieser Ansicht vom Gährprocesse auch die 
Erfahrung in Einklang bringen, daß zur Zeit von Gewittern, 
wo die Atmosphäre und die Erdoberfläche (diese durch Verkei 
lung) elektrisch sind, die Gährung einen andern, oft ungünstigen 
Fortgang nehme, z. B. daß Bier leicht umschlägt, schal und
	        
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