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Cagniard-Latour in Frankreich zieht aus seinen Unter
suchungen über die Hefe folgende Schlüsse:
1) Die Bierhefe ist ein Haufwerk kleiner, kugelförmiger
Körper, welche fähig sind, sich wieder zu erzeugen, zu reprodu-
ciren; sie sind folglich organischer Natur, und nicht bloß eine
organische oder chemische Substanz, wie man annahm.
2) Diese Körper gehören zum Pflanzenreiche.
3) Sie wirken nur insofern gährungserregend auf eine
Zuckerlösung, als sie im lebendigen Zustande sich befinden.
Aus vr. Schwann's Beobachtungen hierüber heben wir
Folgendes hervor:
«) Im ausgepreßten Traubensafte tritt eine sichtbare Gas
entwickelung als Zeichen der entstehenden Gährung ein, bald
nachdem die ersten Exemplare eines eigenthümlichen Faden
pilzes, den man Zuckerpilz nennen könnte, sichtbar geworden
sind. Während der Dauer der Gährung wachsen die Pflanzen
und vermehren sich der Zahl nach.
b) Wird Ferment, welches schon gebildete Zuckerpilze ent
hält (Wein- oder Bierhefe), in eine Zuckerauflösung gebracht,
so treten die Erscheinungen der Gährung sehr bald ein; viel
schneller, als wenn sich diese Pflanzen erst bilden müssen.
e) Gifte, die nur für Infusorien, nicht für niedere Pflanzen
tödtlich sind, z. B. Lxtraelum Nucis vomicae spirituosum, hin
dern die geistige Gährung nicht; Gifte, die für Thiere und
Pflanzen tödlich sind, z. B. weißer Arsenik, hindern auch die
Weingährung.
Der Zusammenhang zwischen der Weingährung und der
Bildung der neuen Hefe — der Entwickelung des Zuckerpilzes —
ist nicht zu verkennen, und es ist gewiß richtig, daß erstere
durch ihre Bildung die Erscheinungen der Gährung veranlaßt.
Die Hefe (der Zuckerpilz) enthält Stickstoff in ihrer Mischung;
Stickstoff ist daher eine Bedingung zur Entstehung der Hefe,
zum Leben und zur Fortbildung jener Pflanze. Die gährbaren
Flüssigkeiten, welche neue Hefe bilden, enthalten aber solche
stickstoffhältige Bestandtheile.
Die geistige Gährung würde man sich demnach vorstellen
müssen als diejenige Zersetzung, welche dadurch hervorgebracht
wird, daß der Zuckerpilz dem Zucker und einem neben ihm vor
handenen stickstoffhaltigen Körper die zu seiner Ernährung und
zu seinem Wachsthume nöthigen Stoffe entzieht, wobei die nicht