Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 1. Theil)

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Verhältnisse gleich sind bei der Gährung unter Zutritt oder 
Ausschluß der atmosphärischen Luft. 
Hiernach scheint die Gährung reinen Zuckers durch Hefe 
mehr ein einfacher chemischer Proceß, jene von hefebildenden, 
zuckerhaltigen Flüssigkeiten mehr ein Vegetationsproceß zu sein. 
Die Hefe in eine Zuckerauflösung gebracht, ändert die elektro 
chemischen Beziehungen der Bestandtheile des Zuckers. Diese 
Wirkung ist ihrer Quantität proportional. Sie ordnen sich in 
neuen Verhältnissen entsprechend dem neuen Zustande, in welchen 
sie versetzt worden sind, und der Zucker zerfällt dabei in Alko 
hol (Zuckerwein — Meißner) und Kohlensäure. Eine ähn 
liche Wirkung hat der Zucker auf die Bestandtheile des Fer 
ments; es wird zersetzt und dabei einige neue Producte gebildet, 
die man in dem Zuckerwein und in der gegohrenen Flüssigkeit 
nach Abscheidung des Alkohols findet, die aber bis jetzt noch 
nicht gehörig untersucht und bestimmt sind. Enthält die Zucker 
lösung hefebildende Bestandtheile, so wirkt die zugesetzte Hefe 
als Same zur Bildung neuer Hefe aus den dazu geeigneten 
Bestandtheilen, wodurch sie in Form von neu gebildeter Hefe 
ausgeschieden werden. Bei der Selbstgährung ist es aber offen 
bar der Sauerstoff der Luft, welcher, von einem der Bestand- 
theile der Flüssigkeit aufgenommen, dadurch eine solche elektro 
chemische Störung des Gleichgewichtes in den vorhandenen Be 
standtheilen derselben veranlaßt, daß dadurch Bildung von Al 
kohol (Wein), Kohlensäure und Hefe aus denselben gegeben 
ist. Die gebildeten Mengen der neuen Körper müssen einander 
ebenso proportional sein, wie die elektrochemischen Beziehungen 
der Materien, aus denen sie entstehen. 
Alle chemische Processe, wie auch der Vegetations - Proceß, 
bedürfen zu ihrer Vollendung einer gewissen Zeit — bei allen 
diesen Processen wird Wärme frei — und durch Wärme werden 
sie in den meisten Fällen unterstützt und beschleunigt. 
Die Hefe, wenn sie durch längere Aufbewahrung bereits 
in einen gewissen Znstand von Zersetzung (Fäulniß) übergangen 
ist, bewirkt die Gährung weder mehr so kräftig noch so voll 
kommen, als im frischen Zustande. Gewiß kommt aber der er- 
stern das Prädicat eines in Zersetzung begriffenen Körpers mehr 
zu, als der letztern; man sollte daher nach Liebig's Ansicht 
glauben, daß sie kräftiger wirken müsse, wogegen wieder einge 
wendet werden kann, daß, weil sie einen Theil ihrer eigenen
	        
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