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wesung. Ein solcher ist die Umwandlung des Alkohols in
Essigsäure.
Es ist hier weder Zweck noch der Ort, sich in specielle
Betrachtungen über diese verschiedenen Arten der Gährung, der
Bedingungen, unter welchen sie erfolgen, der Erscheinungen,
welche dabei Statt finden, und der Produkte, welche dadurch
gebildet werden, einzulassen, oder etwa darüber verhandeln zu
wollen, ob dem einen oder dem andern der aufgezählten Pro
cesse die Benennung „Gährnng" nach den dafür aufgestellten
Begriffen rechtmäßig gebührt. Wir haben es hier hauptsächlich
nur mit einem einzelnen dieser verschiedenen Gährprocesse, näm
lich mit dem Processe der geistigen Gährnng, dann mit der Essig
bildung zu thun, und von diesen soll hier allein und umständ
lich gehandelt werden, wobei bemerkt wird, daß man in der
neuesten Zeit vorzüglich nur den ersteren Proceß mit Gährnng
benennt, und deßhalb auch die Wissenschaft, die wir davon be
sitzen, mit Gährungschemie (X^motoellnis) bezeichnet. In
diesem Sinne soll jene Wissenschaft hier vorgetragen werden;
ihm entspricht auch der Titel des Werkes.
Vom Zuckerbildungsprocesse, von der Bildung der Milch
säure, welche theils bei dem Zuckerbildungs-, theils bei dem
eigentlichen Gährproceß auftritt, von der Fäulniß und von der
Bildung des Fuselöls wird daher in diesem Werke gesprochen
werden, ohne sie zu dem eigentlichen Gährprocesse zu zählen.
Sie sind Processe, welche den Gährproceß vielmehr entweder
begleiten oder ihm vorausgehen.
Begriff der Gährungschemie.
Gährungschemie (Zymotechnie) in der engern Bedeutung,
in welcher diese Wissenschaft hier betrachtet werden soll, nennt
man die Kenntniß und Erklärung aller derjenigen Erscheinun
gen, welche die unter gewissen Umständen erfolgende Zeksetzung
des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure begleiten, der Um
stände, welche darauf Einfluß nehmen, und der Eigenschaften
der Produkte, welche dabei gebildet werden. Diesen eigenthüm
lichen Zersetzungsproceß des Zuckers hat man zuerst Gährung
genannt, welche Benennung desselben van Helmont in die