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Ausgiebigkeit der Getreidearten zur Bier- und Branntweinerzeu-
gung steht mit der Menge an wasserfreiem Extract, welches sie
liefern, im geraden Verhältnisse.
Die Kartoffeln.
Die Kartoffeln, die Knollen von Solsnum tuberosum, ge
hören gegenwärtig zu dem wichtigsten Materiale nicht nur für
die Branntweinbrennerei, sondern auch für die Bierbrauerei.
In land- und staatswirthschaftlicher Beziehung sind sie dazu
dem Getreide vorzuziehen, weil aus ihnen wegen ihres hohen
Ertrages dreimal mehr Bier oder Branntwein erzeugt werden
kann, als von derselben Ackerfläche, wenn sie mit Ge
treide (Gerste, Weizen, Roggen) bebaut gewesen wäre. Die
von derselben Ackerfläche geernteten Kartoffeln enthalten nämlich
dreimal mehr nutzbare Substanz (Stärkmehl) als das Getreide.
In technischer Beziehung sind sie dazu besonders geeignet, wegen
der Fähigkeit des in ihnen enthaltenen Stärkmehls, sich mittelst
Gerstenmalz (Diastas) so leicht in Zucker und Gummi umwan
deln zu lassen, dann wegen der bedeutenden Vergährungsfähig-
keit der dadurch erzeugten süßen Flüssigkeiten; endlich wegen
der Leichtigkeit, womit sich daraus Kartoffelmehl und Kartoffel
starkmehl bereiten und zur Biererzeugung verwenden lassen.
Von den Kartoffeln gibt es eine Menge Spielarten, welche
den Zymotechniker nur insofern interessiren, als sie sich auch
durch einen verschiedenen Gehalt an nutzbarer Substanz (Stärk
mehl) von einander unterscheiden.
Der ganze Kartoffelknollen besteht nach der mikoskropischen
Untersuchung von Fritzsche aus großen Zellen, deren jede un
gefähr 10 bis 20 größere und kleinere Stärkmehlkörner ein
schließt, welche in einer Flüssigkeit (in dem Kartoffelsafte) liegen,
die viel Albumin aufgelöst euthält. Beim Zerreiben der Kar
toffeln werden die Zellen zerrissen, das eingeschlossene Stärk
mehl wird bloßgelegt, und kann nun durch Auswaschen mit
Wasser auf einem Siebe von dem faserigen Zellenstoffe geschieden
werden, welcher auf dem Siebe zurückbleibt, während das
Stärkmehl sich aus dem Wasser absetzt. Es ist durch die me
chanische Operation des Zerreibens nicht möglich, alle Zellen
zu öffnen; es bleibt also etwas Stärkmehl in den nicht geöff
neten Zellen zurück, weßhalb sich dieser Rückstand theilweise