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trachten, welche zur Erzeugung einiger belgischer Localbiere an
gewendet wird. Die Würzen ans Gerstenmalz und rohem Ge
treide erzeugt, scheinen vorzüglich geneigt zu sein, in Selbstgäh-
irnng zu übergehen — eine Eigenschaft, welche den Malzwürzen
owohl als den Malz-Kartoffelstärkmehl-Würzen nicht in glei
chem Maße zukommt. Es scheint die eigenthümliche Beschaffen
heit des Klebers (Mucins) aus dem angewendeten rohen Ge
treide (Weizen) zu sein, welchem diese Eigenschaft, die Würzen
in Selbstgährung zu bringen, in höherem Grade zukommt, als
dem Diastas im Gerstenmalze. Ungekochte Würzen gehen leichter
in Selbstgährung über als gekochte, weßhalb man, um den Ein
tritt dieser Gährung zu befördern, der gekochten Würze einen
Theil ungekochter zusetzt.
Die dazu bestimmten Malzgetreidewürzen werden zu dem
Behufe in Fässer gefüllt und in den kühlen Keller gebracht.
Die Gährung tritt nur sehr langsam ein; es wird etwas Schaum
durch das offene Spundloch ausgestoßen, welcher aber keine
Oberhefe ist, sondern zu Würze zerfließt; die während des
Gährungsverlaufes neu gebildete Hefe sondert sich am Boden
des Gefäßes ab, die Selbstgährung ist eine Untergährnng. Uber
diese Gährungsweise habe ich bis jetzt bloß einen einzigen Ver
such gemacht, weil sie bei uns nicht gebräuchlich ist, und kann
daher darüber ans eigener Erfahrung noch wenig mittheilen;
aber so viel ist darnach gewiß, daß die Vergährung ebenso voll
kommen erfolgt, als bei Zusatz von Hefe, und noch vollkommener,
und daß sich dabei ebenfalls eine dem Vergährungsgrade ent
sprechende Menge Unterhefe ausscheidet, so wie auch die Atte
nuationsverhältnisse dieselben bleiben. Vrancken gibt zwar
an, daß manche belgische Biere bei der Selbstgährung gar keine
Hefe (bloß durch das Spundloch?) geben, allein diese Angabe
kann auf keiner richtigen'Beobachtung beruhen.
Die Biere durch Gährung aus ungekochten Würzen be
reitet, besitzen keine Haltbarkeit, dauern nur etwa 10 Tage und
müssen bald vertrunken werden. Dagegen besitzen die Stark
biere aus gekochten Würzen eine große Haltbarkeit und sollen
über 15, selbst bis 50 (!) Jahre (in Bouteillen) ausdauern.
Viele belgische Biere sind trübe, weil man bei dem Meischproceß
die zuckerbildende Wirkung des Diastas und Mucins zu sehr
vernichtet und dadurch Stärkmehlkleister in die Würze und in
das Bier bringt. Die Würzen werden sehr lange, selbst bis