Full text: Die Bierbrauerei wissenschaftlich begründet und practisch dargestellt (1. Band, 2. Theil)

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Don einem guten Biere wird Hierlandes verlangt, daß es 
wenigstens 12 Grad (1 Grad ist nahe gleich % pCt. Sacha 
rometer-Anzeige) an der gemeinen Bierwage zeige. Wenn nun 
ein solches Bier noch 4 Wochen länger lagert, so ist es dadurch 
gewiß besser, nicht schlechter geworden, und doch zeigt es nach 
her nicht mehr 12, sondern nur etwa 10 Grad an derselben 
Bierwage. Nach 4 Monaten kann es als untergäriges Lager 
bier auch nur 6 Grad zeigen und hat nun sicher erst die beste 
Beschaffenheit angenommen. Auf die Gradanzeige der Biere 
hat also lediglich ihr Vergährungsgrad Einfluß, und ist der 
angenommene Grundsatz offenbar ein falscher, weil die Grad 
anzeige oder die specifische Schwere des Biers allein über seine 
Qualität niemals entscheiden kann; denn ein schlecht vergoh- 
renes Bier aus schwacher Würze und ein gut vergohrenes Bier 
aus starker Würze können gleiche Grade an der Bierwage zei 
gen, und sind doch von sehr verschiedener Beschaffenheit. 
Nur durch Vergleichung der Gradanzeige des Biers mit 
dem ursprünglichen E;tractgehalte der Würze, woraus das Bier 
erzeugt worden, oder mit der Sacharometer-Anzeige des ge 
kochten Biers kann man zu einem richtigen Verständniß über 
seine Qualität gelangen. 
Ein hierauf bezüglicher Fall kam mir vor, als ich mich 
mit einem Brauer über die Erzeugung und Anwendung kurz 
und lang gewachsenen Malzes besprach. Er behauptete: durch 
das längere Auskeimen werde dem mehligen Korn zu viel Nutz 
bares entzogen, und demnach seien die Biere aus kürzer ge 
wachsenem Malze stärker als jene aus mehr gekeimtem. Durch 
vergleichende Versuche vom Gegentheil überzeugt, konnte ich 
lange zu keinem Verständniß mit ihm kommen, bis ich ihm die 
Frage stellte: wornach er denn die Stärke der Biere beurtheile? 
Darauf erfuhr ich, daß er dazu die gemeine Bierwage anwende 
und daß das Bier aus weniger gekeimtem Malze 14 Grad, 
jenes aus mehr gekeimtem aber nur 12 Grad an derselben 
zeigte. Diese Antwort brachte das Verständniß leicht zu Stande; 
denn nun ging daraus hervor, daß jener Unterschied nur durch 
die mindere oder mehre Vergährungsfähigkeit der Würzen be 
dingt ist, welche aus diesen Malzsorten erzeugt werden, indem 
jene aus kurz gewachsenem Malze weniger vergährt, das daraus 
erzeugte Bier daher specifisch schwerer bleibt, oder mehr Grade 
an der Bierwage zeigt als die Würze aus länger gewachsenem
	        
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