Gauss an Olbers. Braunschweig, 1802 September 21. 95
Gebrauch, den man nun nachher von einer dritten Beob. r',v' (wenn
man die Zeiten nicht mitnimmt) machen kann, besteht darin, dass man
sieht, wie die Zunahme (oder Abnahme) der Entfernung gegen die
Winkelgeschwindigkeit accelerirt oder retardirt werde. Dies habe ich
in Gedanken gehabt, wenn ich gesagt habe:
dass man die Elemente aus zweiten Differentialen bestimme,
wenn man sie bloss aus r, r', r", v, v', v" (ohne die zugehörigen
Zeiten) ableitet.
Aber diese zweiten Differentiale sind nicht durch die Beobb. selbst
gegeben, sondern müssen daraus vermittelst Zwischengrössen abgeleitet
werden, die man nichts weniger als genau kennt. Aus diesem Grunde
habe ich eine solche Bestimmung für sehr prekär gehalten. — Hiermit
hätte ich nun auch zugleich die Gründe angegeben, die ich auf
No. XIII zu erwidern habe. Leitet man p aus obiger Formel
(aus r, r\ r", v, v', v”) ab, so kann man sich wegen sonst verliältniss-
mässig kleiner Fehler in r,r' etc. enorm von der Wahrheit entfernen,
man mag nun r, r' etc. aus genäherten d, A, A' oder aus genäherten
Werthen der Neigung und des Knotens ableiten. Und eben weil nun
kleine Aenderungen in der Neigung und dem Knoten auf diese Art sein-
grosse Aenderungen in den Elementen hervorbringen, so glaubte ich,
dass man diese jenen nicht mehr proportional setzen dürfte, und dass
man also auf diesem Wege nur erst nach mehrmals wiederholten
Operationen zu einer vollkommenen Uebereinstimmung der Elemente mit
den Beobb. zu gelangen im Stande sei, zu der ich, bei der von mir
gewählten Verbesserungsmethode jederzeit beim 4. Versuch, also nach
der möglich kleinsten Anzahl von Hypothesen gelangt bin. 1 )
Nun will ich noch einen Grund beifügen, weswegen ich jetzt
besonders die Verbesserungsmethode vorziehe, wo ich nach drei Hypo
thesen für d, A' die Elemente bloss aus den äusseren Beobb. bestimme
und darnach den geocentrischen Ort für die mittlere Beob. berechne.
*) Uebrigens gelten diese Bemerkungen gegen die Anwendung der NE'WTON’schen
Verbesserungsmethode auf den Fall, den ich hauptsächlich vor Augen habe, so gut
wie gar nicht gegen den, welchen Newton ohne Zweifel vor Augen hatte, nämlich
bei solchen Kometen, wo v" — v sehr gross ist, wenn man z. B. einen Kometen eine
Anzahl Monate vor und nach der ©Nähe beobachtet hätte, wo leicht v" — «>180°
sein kann. In diesem Fall halte ich jene Methode für sehr zweckmässig, wenn die
Neigung der Bahn gross genug ist. Ist aber die Neigung klein, so kann man bei
einer langen Dauer der Beobb. aus 8 vollständigen Beobb. die Elemente schwerlich so
genau finden, als aus 4 Längen und 2 Breiten, wo dann der Gebrauch der Newton-
schen Methode wieder wegfällt. Auf die Weise bin ich also mit Ihnen über diesen
Punkt vollkommen nach Ihrer Theorie der Kometenbahn p. 105, 106 einig.
[Vergl. Bd. I Seite 64, 65. Sch.]