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Gauss an Olbevs. Braunschweig, 1803 August 8.
Messungen uni Braunschweig herum mit Meinem Sextanten gemacht
(Freund Zach hat mir ihn ganz überlassen), und aus hiesiger Gegend
schon eine grosse Anzahl Punkte niedergelegt; ich wundere mich selbst
über die grosse Genauigkeit, die dabei erlangt wird, ungeachtet ich
meine Winkel in Ermangelung eines Instruments zum Höhenmessen gar
nicht auf den Horizont reducire und viele Standpunkte habe, wo kein
Objekt befindlich ist, nach dem ich wieder visiren kann. Ich habe den
Plan, einst das ganze Land mit einem Dreiecksnetz zu beziehen, wozu
meine jetzigen Messungen nur eine A orübung sind. Das Braunschwei
gische Land ist zwar schon ehedem vom seligen Major Geblach ver
messen, allein welcher Genauigkeit seine bisher ungestochene Karte
fähig sein kann, wird man daraus schliessen können, dass er nur ein
gewöhnliches Astrolabium und Kette, oder, wie einige behaupten, auch
dies nicht einmal, sondern nur Messtisch und Schritte gebraucht hat.
Eine hinlängliche Anzahl trigonometrisch bestimmter Punkte mit seinem
Detail verbunden müssen zu einer guten Karte dienen können. Ich
wünsche sehr, mich nach und nach mit einem guten Vorrath von
optischen Werkzeugen zu versehen. An einem Orte wie Bremen fällt
wohl öfters Gelegenheit zu dergleichen vor, und Sie verbänden mich
sehr, wenn Sie dann meiner dabei gedächten. Ich sehe gar nicht auf
den Preis. Besonders wünschte ich zu acquiriren, 1. ein gutes astro
nomisches Achromat, hinreichend, um Sternbedeckungen, Finsternisse etc.
zu beobachten und zu kreismikrometrischen Messungen zu dienen, 2. ein
gutes terrestrisches Achromat, um entlegene Gegenstände, die man im
Fernrohr des Sextanten nur sehen kann, erkennen und unterscheiden
zu können, 3. Kometensucher, um sich in einer Himmelsgegend leichter
orientiren zu können, 4. noch einen kleinen etwa 4 oder 5 zölligen
Sextanten, der sich ohne fremde Beihilfe leicht transportiren lässt.
Glauben Sie indess nicht, mein theurer Freund, dass mich solche
praktischen Beschäftigungen von der Spekulation abbringen werden; es
wird mir damit immer gehen, wie einem Reisenden, dem seine Heimat,
wenn er eine Zeit lang sich in der Fremde herumgetrieben hat, nur
doppelt tlieuer geworden ist.
Sie verzeihen mir, dass ich die GuGLiELMiNi’schen Schriften und
einen Brief an Herrn Benzenberg mit an Sie überschicke, da ich nicht
weiss, wann er von Hamburg abreisen wird.
[Folgt ein Verzeichniss vermisster Sterne aus der Hist. Celeste, sowie die oben
erwähnten Tafeln für die Berechnung der Ceres- und PaMas-Bahnen.]