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Olbers an Gauss. Bremen, 1809 September 20.
No. 222. Olbers an Gauss. [m
Bremen, 1809 September 20.
Ganz beschämt, Ihren ersten Brief vom 5. Aug. noch nicht beant
wortet zu haben, erhielt ich gestern durch Dr. Albers Ihre gütigen
Zeilen vom 12. Sept., worin Sie mir die frohe Nachricht von der glück
lichen Entbindung Ihrer Frau Gemahlin melden. Von ganzem Herzen
wünsche ich Ihnen, lieber Gauss, Glück zu dieser Vermehrung Ihrer
Familienfreuden. Der Himmel stelle die liebe Wöchnerin bald wieder
her und mache den kleinen Ludwig künftig seinem Vater an Geist
und Herzen ähnlich!
Einige Entschuldigung, lieber Gauss, habe ich doch für meine ver
zögerte Antwort. Sie hatten sich bei mir nach den Verhältnissen in
Leipzig erkundigt, und ich glaubte von daher noch nähere Nachrichten
einziehen zu können. Allein dies ist nicht geglückt. Man sagt mir
nur im Allgemeinen, dass die Universität in Flor bleibe, ihre bestimm
ten Einkünfte hätte und erhielte u. s. w. Also muss von einer grossen
Reform, wovon mir Hindenburg 1806 sprach, wohl nichts geworden sein.
Das Observatorium ist ganz unbrauchbar angelegt, und so, wie
ich es 1806 fand, wird sich wenig oder nichts dort ausrichten lassen.
Es ist höchst traurig, wenn ein solcher Bau in Unrechte Hände fällt.
Der gute Büdiger war seiner Versicherung nach nicht Schuld daran,
hatte aber immer vergeblich um ein paar tausend Thaler angehalten,
diese Fehler taliter qualiter zu verbessern. Die wenigen auf gestellten
Instrumente waren ihres wankenden Standes wegen schwerlich zu ge
brauchen, und die schönen von Graf Brühl geschenkten befanden sich
noch alle in ihren Kästen. — Das Observatorium hat sonst eine gute
Bibliothek, und es wurden dem Astronomen zwei Amanuenses gehalten.
Es ist traurig, dass jetzt allenthalben unter den eisernen Zeiten
gelehrte Anstalten so viel leiden. Wahrlich, wir gehen der Barbarei
entgegen!
Nun zur Hauptsache, lieber Gauss, wenigstens zu einer Hauptsache
für mich. Da Ihre theure Gattin sich so wohl befindet, so hoffe ich,
Sie werden Ihr gütiges Vorhaben, uns zu besuchen, nicht auf gegeben
haben. Mein kränkelnder Sohn (der mir immer so viel von Ihrer ihm
bezeigten Gewogenheit zu rühmen hat) wird zu uns herüber kommen.
Dies wäre eine sehr gute Gelegenheit, wenn Sie ihm die Ehre erzeigen
wollten, einen Platz in seinem Wagen anzunehmen. Ich habe ihm auf-
getragen, Sie darum zu bitten. — Harding, schreibt mir Schroeteb,
will uns diesmal mit seinem Besuche nicht erfreuen.
F ür die astronomica danke ich recht sehr, und wünschte sie mit