442 Gauss an Olbers. Göttingen, 1809 Oktober 12 u. December 14.
Vergangene Nacht habe ich zum ersten Male die Vesta wieder be
obachtet. Meine Beob. wird sehr gut sein, wenn der Stern in der Hist.
Cel. gut ist. Ich habe sie noch nicht genau reducirt und kann also
nur angeben, dass die Ephemeride die Hl um 3' zu gross angiebt, die
Dekl. gut oder um eine Kleinigkeit (!') zu klein. Harding hat ver-
wichene Nacht auch zum ersten Male die Ceres im Meridian beobachtet.
Die Ephemeride ist auf die Minute gut. Die Juno denke ich heute
oder morgen aufzusuchen.
Ihr Herr Sohn kündigt mir seine Abreise an; ich muss also schliessen.
No. 224. Gauss an Olbers. [ioi
Göttingen, 1809 Oktober 12.
Lieber Olbers!
Sie luden mich so freundlich ein, Sie zu besuchen, wenn meine
Frau sich wohl befände. Jetzt befindet sie sich wohl. Gestern iahend
um 8 Uhr habe ich ihr die Engelsaugen, in denen ich seit 5 Jahren
einen Himmel fand, zugedrückt. Der Himmel gebe mir Kraft, diesen
Schlag zu tragen. Erlauben Sie mir jetzt, theurer Olbers, bei Ihnen
ein paar Wochen in den Armen der Freundschaft Kräfte für das Leben
zu sammeln, das jetzt nur noch als meinen drei unmündigen Kindern
gehörend Werth hat. Erlaubt es der Arzt, so komme ich vielleicht diesem
Briefe schon in ein paar Tagen nach. 1 )
Gauss.
no. 225. Gauss au Olbers. t 102
Göttingen, 1809 December 14.
Hoffentlich haben Sie es mir noch nicht als Undankbarkeit zu
gerechnet, dass ich bisher noch immer nicht für die viele in Ihrem
Hause genossene Güte und für Ihre freundschaftliche Nachsicht gegen
meine damalige Stimmung Ihnen meinen gehorsamsten Dank abgestattet
habe. Theils habe ich in den vier Wochen, die ich nun wieder hier
bin, überhaupt noch nicht viele Stunden gehabt, wo ich mich zum
Schreiben eines Briefes hätte sammeln können, theils sind auch diese
wenigen grossentheils am Krankenbett meiner Kinder zugebracht, wovon
zwei der Reihe nach von den Masern befallen worden. Länger kann
9 Zwischen den Briefen No. 224 und 225 liegt der Besuch Gauss’ hei Olbers,
der bis zum 29. Okt. dauerte. Snii