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Olbers an Gauss. Bremen, 1810 Januar 17.
aber an seiner Magerkeit sielit man doch den Abgang der mütterlichen
Nahrung und Pflege nur gar zu sehr. Es scheint jetzt, als sollte er
dieses Mal, was ich kaum hoffte, um die hier epidemischen und ziem
lich tödtlichen Masern wegkommen. Der Joseph ist bis auf einen, sonst
bei ihm ungewöhnlichen, nächtlichen Schweiss, welchen der Arzt für
ein Zeichen von noch zurückbleibender Schwäche erklärt, ganz her-
gestellt; aber Ihr Pathchen, die sonst immer äusserst gesund gewesen
und auch von den Masern weit weniger angegriffen ist als ihr Bruder,
leidet jetzt, nachdem die Masern schon fast 14 Tage abgetrocknet sind,
noch immer an Husten und fieberhaften Zufällen. An Vorsicht und
Schonung ist nichts versäumt.
No. 226. Olbers an Gauss. [m
Bremen, 1810 Januar 17.
Mit Vergnügen habe ich aus Ihrem Briefe vom 14. Dec. Ihr eigenes
erträgliches Befinden, und die Wiederherstellung Ihrer an Masern krank
gewesenen Kinder erfahren. Letztere Krankheit ist oft in ihren Folgen
nicht wenig gefährlich, und ich wünsche Ihnen desswegen herzlich Glück,
dass Ihre Kinder eine Krankheit überstanden haben, gegen die noch
keine Vaccination erfunden ist. Ihr Entschluss, künftig durch öftere
kleine Keisen Ihre Gesundheit zu stärken, hat ganz meinen Beifall.
Hoffentlich werden Sie dann, Ihrem gütigen Versprechen gemäss, ent
weder die Oster- oder die Pfingstferien uns mit Ihrem Besuche erfreuen.
Wie sehr ich mich über nnsers trefflichen Bessel’s Anstellung in
Königsberg gefreut habe — so ungern ich meinen jungen Freund auch
aus meiner Nähe verliere —, kann ich Ihnen nicht beschreiben. Wahr
lich, ich liebe ihn wie meinen Sohn. Und nun eine Stelle, ganz wie
er sie sich wünscht, und gerade in Preussen (Bessel ist noch mit
ganzer Seele Preusse, und 800 Thaler von seinem Könige sind ihm ge
wiss lieber als das Doppelte in anderen Verhältnissen), wo er sich sein
Observatorium selbst einrichten kann, und wo man, wie es scheint, wirk
lich etwas geleistet haben, und also auch alle nothwendigen requisita
hergeben will! W ahrscheinlich wird Bessel schon um Ostern abreisen,
doch auch noch Sie vorher in Gjottingen] besuchen, sowie er auch Vor
habens ist, den Seeberg noch einmal in Augenschein zu nehmen.
Beiläufig muss ich hierbei erwähnen, dass Bessel gerade an dem
selben Tage, an dem er den ersten Antrag von Prof. Tralles in Berlin
erhielt, auch einen Brief von Prof. Prasse aus Leipzig empfing, worin
dieser bei ihm auf rüg, ob er nicht zu Rüdigers Stelle Lust habe? —