Olbers an Gauss. Bremen, 1813 November 29.
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Zuerst danke ich für alles, was Sie mir mit Hrn. Dr. Berck ge
schickt haben, auf s herzlichste. Ihre Bestimmung der Anziehung der
Sphäroide hat mich äusserst interessirt. Sonderbar, dass Sie sich fast
immer mit Legendre Zusammentreffen.
(terling’s Schrift ist, besonders was die allgemeinen Umstände der
Erdfinsterniss betrifft, sehr gut gerathen. Ich hatte diese Sonnenfinster-
niss für Bremen schon längst berechnet, Ihnen, meine ich, auch die
Resultate geschickt, die von Hrn. Gerling’s Bestimmungen nur un
bedeutend ab weichen.
Einer Ihrer ehemaligen dankbaren Schüler, Hr. Encke, jetzt bei
der reitenden hanseatischen Artillerie, besucht mich oft,
Meinen wärmsten Glückwunsch zu der nun glücklich gebändigten
Pallas. 1 ) Die Uebereinstimmung der Rechnung und Beobachtung ist un-
gemein. Auch Ihre Kreismikrometerbeobb. sind bewundernswürdig genau.
Die A/er/mr-Durchgänge bestätigen also Ihre sinnreiche Hypothese
über die excentrisclie Lage des Schwerpunktes des Sonnenkörpers nicht ?
Aber auch Bessel findet aus Bradley’s Beobb. keinen erheblichen
Unterschied der Sommer- und Winterschiefe. Aus Piazzi’s Beobb. findet
Besser für 1800:
Sommer .... 23° 27' 54.45"
Winter .... 23° 27' 54,54"
Der nun geendigte BRADLEY’sche Katalog von Bessel scheint selbst
den PiAzzi’schen an Genauigkeit zu übertreffen. — Wenn nur erst ein
Verleger zu diesem wichtigen Werk aufzufinden wäre.
Ich bitte Sie sehr, lieber Gauss, mir zu sagen, ob der Akademiker
Trembley in Berlin noch lebt? — Bei Gelegenheit meiner Zusätze und
Bemerkungen über meine Kometenmethode würde ich etwas über sein
höchst unglücklich ausgefallenes Urtheil 2 ) über diese Methode sagen,
natürlich kurz und mit Schonung, wenn er nicht mehr lebte, aber etwas
derb, wenn er es noch selbst lesen könnte. Die vornehme wegwerfende
Miene, womit er auf die ungeschickteste Art aburtheilt, verdient einige
Zurechtweisung.
Ich habe mich nun durch Untersuchung über einige Kometen mit
völliger Gewissheit überzeugt, dass ihre Lichtstärke oft ganz unabhängig
von ihrem Abstande von Erde und Sonne sich ändert, oder nicht im
Yerhältniss von steht, wenn m eine beständige Grösse, r den Ab-
r~ A
stand von der O, A den Abstand von der Erde bedeutet. Da man bei
!) Vergl. Gött, Gel. Anz. Stück 176, S. 1753ff.; 1813 Nov. 4, und Gauss ! Werke
Bd. VI, S. 369. Sch -
2 ) Vergl. Mémoires de F Academie de Berlin 1801. Mathém., S. 59. Sek.