Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

Olbers an Gauss. Bremen, 1814 Mai 28. 
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empfehlen bitte, nicht noch mehrere detaillirte Beobb. über die Rich 
tung- und Lage des Schweifs des Kometen von 1811? Ich würde für 
die Mittheilung derselben sehr verbunden sein. Einstweilen habe ich 
Brandes gerathen, die Schweife der Kometen von 1577, 1618, 1680 
und 1744, die in dieser Hinsicht am besten beobachtet sind, mit seiner 
Theorie zu vergleichen. Wenn man annimmt, dass die Repulsivkraft 
der O umgekehrt wie das Quadrat der Distanz abnimmt und von den 
perturbirenden Kräften des Kometen selbst ganz abstrahirt, so ist es 
doch fast unmöglich, eine Gleichung für die Kurve, die der Schweif 
bildet, anzugeben. Aber leicht ist es, so viele Punkte dieser Kurve zu 
bestimmen, als man will. Nur muss das Maass der Repulsivkraft bekannt 
sein, das erst aus den Beobb. zu suchen ist, aber vielleicht für ver 
schiedene Kometen verschieden sein kann. Allgemein ist die Repulsiv 
kraft bei gleichem Abstande weit stärker als die Schwerkraft. Brandes 
hat schon ganz artige, mit der Erfahrung übereinstimmende Folgerungen 
über die Länge, Form, Lichtstärke u. s. w. des Kometenschweifs vor 
und nach der Sonnennähe aus der Theorie gezogen, ob ihm gleich das 
eigentliche Maass der Repulsivkraft gänzlich fehlte. 
Wird Lindenau nicht bald zurückkehren? Ich habe seit seiner 
militärischen Laufbahn nichts von ihm gehört. 
N. S. Jetzt sind wieder Sonnenflecken häufig. Könnten Sie, lieber 
Gauss, unsern Harding nicht bewegen, diese noch immer so räthsel- 
liaften Flecken anhaltend zu beobachten? Es ist eine Schande für die 
Sternkunde, dass wir die Rotation der O und die Lage ihres Aequators 
noch mit so weniger Genauigkeit kennen. Freilich sind die Schwierig 
keiten gross; denn ich bin überzeugt, dass die mehrsten Flecken ausser 
der Rotationsbewegung noch eine eigene Verrückung auf dem O-Körper 
haben. Aber bisher ist doch auch gar zu wenig für diesen Tlieil der 
Astronomie geschehen, und seit Mechain’s Zeiten sind mir keine einiger- 
maassen brauchbaren Beobb. von O-Flecken bekannt. Die Beobb. müssen 
aber möglichst genau sein, wobei freilich die noch ohnehin veränder 
liche Figur der Flecken grosse Hindernisse macht. Man muss dess- 
wegen jedesmal die Beobb. fünf bis sechsmal wiederholen, um ein zu 
verlässigeres Mittel zu haben. Auch wird es gut sein, so oft dies 
angeht, zwei nicht gar zu nahe Flecken zugleich zu beobachten, um 
die eigene Bewegung der Flecken auf der O leichter zu unterscheiden. 
— Ich gestehe es, die Sache ist mühsam und erfordert Geduld und 
Ausdauer, aber sie verspricht auch neue und wichtige Resultate.
	        
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