556
Gauss an Olbers. Gottingen, 1814 Juli 7.
denke icli die Dekl. künftig noch auf eine andere Art zu bestimmen.
Ich gebe den Objektiven eine solche Stellung, dass ihre Bewegung in
der Richtung eines Stundenkreises geschieht (wie es auch bei einem
Faden wird sein müssen), entferne sie ungefähr um den Deklinations-
Unterschied und bediene mich dann des Feldes als Kreismikrometer.
Da ich sodann die beiden Objekte sehr nahe an einem Rande durch
gehen lassen kann, so erhalte ich, wie Sie wissen, den Deklinations
unterschied, oder vielmehr die Korrektion dessen, was das Heliometer
unmittelbar angiebt, mit grosser Schärfe. — Von Doppelsternen habe
ich nur einen, ß Scorpii, erst einmal beobachtet, ich fand den Abstand
13,6". Auf dem elenden wackligen Stativ, auf welches ich einstweilen
das Heliometer habe legen müssen, ist erstlich das Auffinden der Sterne
äusserst mühsam, mit den stärkeren Vergrösserungen ganz unmöglich.
Man muss also immer wechseln; das genaue Einstellen des Okulars
fürs Auge und selbst das Stellen der Objektive sehr schwer, weil das
stark federnde Stativ immer nach jeder Manipulation erst spät zu
oscilliren auf hört; während der Zeit geht der Stern vielleicht aus dem
Felde, und wird mitunter ganz verloren, bis er mit der schwachen Ver-
grösserung mühsam wiedergefunden wird. Durch diese Schwierigkeiten
bin ich der nächtlichen Beobb., die dann noch dazu bei dem betrübten
Wetter alle Augenblicke unterbrochen wurden, ziemlich überdrüssig ge
worden; doch will ich nächstens noch den Saturn zu beobachten anfangen.
Sobald ich das feste parallaktische Stativ habe, werden diese Hinder
nisse alle von selbst wegfallen, und dann werde ich auch am Tage die
Venus etc. beobachten können.
Dass ich bei meiner Aeusserung, ich habe noch kein Dollond-
sches Heliometer gesehen, dasjenige ignorirte, dessen Sie erwähnen,
und das allerdings nebst anderen meistens unbrauchbaren Sachen nach
Kästner’s Tode für die Sternwarte angekauft ist, hat seinen Grund
darin, weil dasselbe weder von Dollond ist (sondern von Baumann),
noch auch die DoLLOND’sche Einrichtung hat (sondern die BouGUER’sche).
Sie können aus der Probe, die Kästner davon giebt, sehen, dass dieser
damit auf 11" falsch gemessen hat, dass also dies unbehülfliehe Ding
kaum so viel leistet, wie ein guter Spiegelsextant. Jene Aeusserung
von mir bezog sich nur darauf, dass ich nicht wüsste, wie Dollond
nach Erfindung der achromatischen Gläser seine Heliometer eingerichtet
hat. In den Aufsätzen, die dieser Künstler zuerst vor Erfindung der
achromatischen Gläser über seine Erfindung in den Phil. Trans, gab,
spricht er von einer 3fachen Einrichtung, 1. ein zerschnittenes Objektiv
allein, 2. ein solches von langer Brennweite vor einem ganzen dito von
kürzerer, 3. ein solches vor einem Spiegelteleskop. Die FRAUNHOFER’sche
Einrichtung, ein zerschnittenes achromatisches Objektiv allein anzu-