Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

Olbers an Gauss. Bremen, 1814 September 26. 
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Meine P reunde thun dess wegen nicht wohl, wenn sie ein mir zugedachtes 
Vergnügen zu lange aufschieben. • 
\ on unserni Lindenau habe ich die Freude gehabt, einen Brief 
aus Seeberg zu erhalten. Seine W iederlierstellung ist mir ungemein 
erfreulich. Er schreibt mir zugleich die angenehme Nachricht, dass er 
mit dem Jan. des kommenden Jahres die unterbrochene M. C. wieder 
fortsetzen wolle. Das temporäre Aufhören derselben habe ich. haben 
mit mir wahrscheinlich alle Astronomen schmerzlich gefühlt. Bei dem 
nun wieder freien "\ erkelir mit allen \ ölkern muss oder kann wenig 
stens diese Zeitschrift noch sehr an Interesse gewinnen. Mit Frank 
reich und Italien steht Lindenau selbst in genauer Verbindung. Die 
russischen Nachrichten könnte Bessel besorgen. Schweden und Däne 
mark scheinen in den letzten Zeiten wenig Erhebliches für Sternkunde 
zu liefern. Aber vom Anfang der M. C. an waren die englischen Nach 
richten in derselben am dürftigsten, und doch wohl gerade jetzt für 
unsere Wissenschaft mit die interessantesten. Ich kann leider, weil 
ich zwar Englisch lesen und verstehen, aber mich nicht in dieser Sprache 
ausdrücken kann, die Korrespondenz dorthin nicht unternehmen, wozu 
sonst Bremen sehr passend liegt. Wir hatten neulich englische Briefe, 
die nur vier Tage alt waren. — In England herrscht jetzt ein grosses 
Interesse für alle Wissenschaften, auch namentlich für Astronomie, 
und Greenwich scheint sich noch immer in seinem Bange zu be 
haupten. Pis müsste nicht schwer sein, mit Pond oder dem Heraus 
geber der Annalen der Philosophie, Dr. Thomson, einen beständigen 
Tauschtraktat englischer literarischer Nachrichten gegen deutsche ab- 
zuschliessen. 
Im allerneuesten Bande der Phil. Transact. (1814 P. 1) findet sich, 
wie ich erfahre, von Ivory eine neue Methode, aus drei geoc. Beobb. 
die genäherten Elemente einer Kometenbahn zu finden. Sie können 
denken, wie begierig ich darauf bin. Von Ivory erwarte ich nichts 
Gemeines und Alltägliches und bin um so mehr verwundert, wie er 
einem nun so oft behandelten Gegenstand noch eine neue Seite hat ab 
gewinnen können. Wahrscheinlich erhalten Sie diesen Band eher als 
ich. und dann bitte ich recht sehr, mir so bald wie möglich eine Idee 
davon zu geben. 
Pond fand auch 1812 die Winterschiefe kleiner als die Sommer 
schiefe, doch mit BRADLEY’scher Kefraktion. Nach Verbesserung der 
selben stimmen die neuesten Angaben sehr genau überein. Bessel wird 
Ihnen die Beob. der Sommerschiefe dieses Jahres geschickt haben. 
Benzenberg ist jetzt hier. Ich habe ihn sehr ermahnt, die A er 
suche über die Polarität des Lichts zu wiederholen und fortzusetzen. 
Die Sache scheint in aller Hinsicht viel, sehr viel zu versprechen. — 
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