Olbers an Gauss. Bremen, 1816 Januar 18.
619
Ihre Aufnahme in diesen Ritterorden doch wohl nicht erregen, da
wohl keiner die gerechten Ansprüche Ihres so eminenten Verdienstes
verkennen wird. Dass sonstige Ernennungen manche Eifersucht erregt
haben und erregen werden, glaube ich gern. — Auch unser Freund
Schroeter ist Ritter des Guelfen-Ordens geworden.
Die Quittung des Hrn. Iken habe ich richtig erhalten. Wenn Sie
den Rothwein bedürfen, so geben Sie mir Ihre Befehle.
Es ist mir lieb, dass Nicolai nach Mannheim kommt. Möchten
wir doch für Ihren braven Gerling auch eine passende Stelle finden!
— In einem unserer Kalender wird die diesjährige Sonnenfinsterniss
als die grösste bis 1860, und nahe an 12 Zoll angegeben! Wer diese
fehlerhafte Berechnung gemacht hat, weiss ich noch nicht.
Umständliches über die Pariser Preisvertheilung hat der Moniteur
noch nicht. Ihre Freundin hat den Preis über die Theorie der Schwin
gungen elastischer Flächen, der seit drei Jahren ausgesetzt war, er
halten. Der andere Preis betrifft die Theorie der Wellen. Von dem
Pallas-Preise weiss ich noch nichts.
Da Ihr Scharfsinn den Paralogismus in der angeführten Stelle von
La Place nicht gleich gesehen hat, so muss ich diese wohl unrichtig
verstehen. Mir scheint nämlich La Place hier zu behaupten, Mond
und Erde würden unter den angenommenen Umständen ähnliche Ellipsen
von verschiedenen grossen Axen in gleichen Zeiten beschreiben, welches
allerdings ganz unmöglich ist, wenn man nicht über die Massen der
Erde und des Mondes besondere Voraussetzungen hinzufügt. Setzt man
diese Massen erst ganz bei Seite, und nimmt die Bahn der Erde für
einen Kreis, ihren Abstand von der 0=1, ihre Geschwindigkeit =v,
und nach La Place den Abstand des Mondes =1,01, seine Geschwin
digkeit, die dann auch auf dem Radius vector senkrecht ist = 1.01 v, so
wird der Mond keinen Kreis, sondern eine ziemlich excentrische Ellipse
beschreiben, wovon der Anfangspunkt der Bewegung zugleich das Peri-
1,01
1,0416,
lielium ist. Die halbe grosse Axe dieser Mondbahn ist 5
folglich die Umlaufszeit des Mondes 3881 Tag. Weit entfernt also,
dass unter diesen Umständen ein beständiger Vollmond stattfinden sollte,
könnten wir dann nur alle 17 Jahre etwa einmal Vollmond haben —
freilich wird die Anziehung der Erde diese Umlaufszeit und über
haupt die Form der Mondbahn sehr verändern. Wenn sie aber da
durch so modificirt werden soll, dass ein beständiger Vollmond statt
findet, so müssen die Dimensionen beider Bahnen doch wohl ganz anders
ausfallen, als La Place angiebt, wenn dies überhaupt möglich ist. So
habe ich die angeführte Stelle verstanden; belehren Sie mich, lieber
Gauss, wie sie anders verstanden werden muss.