Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

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Olbers an Gauss. Bremen, 1817 März 12. 
ich der Astronomie mehr oder weniger meine Nebenstunden widme, 
noch nicht vorgekommen. Weder von der grossen Sonnenfinsterniss, 
noch von der Mondfinsterniss war hier das Geringste zu sehen, und 
ebenso wenig habe ich mich mit Aufsuchung von Kometen, Durch 
musterung des mir angewiesenen Bezirks am Himmel x ) u. s. w. beschäf 
tigen können. 
Zuerst meine herzliche Freude über Ihr und der Ihrigen Wohl 
befinden in der noch so feuchten neuen Wohnung. Da ich selbst, freilich 
vor 17 Jahren, ein neues Haus bezogen habe, so kenne ich ganz die Un 
annehmlichkeiten dieser Feuchtigkeit. — Haben Sie wohl, lieber Gauss, 
in Ihren Wohn- und Bücherzimmern sogenannte Luftscheiben anbringen 
lassen? d. i. einzelne Fensterscheiben, die von einem Blechenschläger, 
alias Klempner, so eingerichtet sind, dass man sie für sich eröffnen 
kann, ohne die ganzen Fenster aufzusperren? Dies ist von mannig 
faltiger Bequemlichkeit und vielem Nutzen in einer neuen Wohnung. 
Denn wenn man bei feuchter Witterung die Fenster öffnet, so quillt 
das Holz aus, sie lassen sich nicht wieder zumachen, oder der Tischler 
muss mit dem Hobel nachhelfen, und dann sind die Fenster auf immer 
verdorben, weil sie bei eintretender trockener Witterung sich zu sehr 
zusammenziehen und nie wieder recht schliessen. 
Dass Sie noch so wenig mit Instrumenten auf der neuen Stern 
warte versehen sind, war mir eine unerwartete Nachricht. Ich glaubte, 
der BEPsoLD’sche Kreis sei längst abgeliefert. Auf das endliche Resultat 
Ihrer höchst wichtigen Versuche, über die wahrscheinliche Ursache der 
Unterschiede, die ein Repetitionskreis für die Polhölie aus Sonnen- und 
Polarsternbeobb. giebt, bin ich äusserst neugierig. 
Sie haben ganz recht, und ich habe sehr gefehlt, nicht anzuführen, 
dass variabilis Cygni auf Harding’s schönen Karten stellt. Das vorige 
Jahr ist die Witterung auch den Beobb. dieses Sterns nicht sehr günstig- 
gewesen, und ich habe seine grösste Lichtphase mit weniger Zuverlässig 
keit als das Jahr 1815, auf den 17. Nov. 1816, ganz mit der Formel 
übereinstimmend gefunden. Der Stern erreichte nicht ganz die Licht 
stärke, die er 1815 hatte; er blieb etwas kleiner als ■% Flamsteed. — 
Bei der Gelegenheit fällt mir eine Bitte ein. Wollten Sie nicht einmal, 
entweder selbst oder durch einen andern, Schiller’s Coelum Christianum 
mit Bayer’s Uranographia in Absicht auf die veränderlichen Sterne, 
mira Cygni, mira Ceti, variabilis Hydrae und Coronae vergleichen oder 
vergleichen lassen? Bayer theilte dem Schiller zu seinem Coelum 
Christianum (ich habe dies seltene Werk nie gesehen) seine revidirie, 
x ) Vergleiche über diese Absicht einer vertheilten Durchmusterung den Brief 
wechsel Bessel-Olbers, Brief No. 286, 1815 Dec. 7. Sch.
	        
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