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Olbers an Gauss. Bremen, 1817 Juli 14.
ordentlich vielen Zeichen, die Mossotti bei der Allgemeinheit, womit
er das Problem behandelt, einzuführen für gut findet, und durch einige
Druck- oder Schreibfehler, z. B. das mehrmalige Weglassen der ( ),
wo sie hingehören, erschwert wird, lässt mich natürlich noch kein
eigentliches Urtheil darüber fällen; indessen scheint mir die Analyse
sehr schön durchgeführt. Aber gegen die neue Methode bleibt mir
doch noch bisher einiges Misstrauen, das sich vielleicht aber auf meiner
noch so mangelhaften Kenntniss derselben gründet. Mir scheint es näm
lich, als wenn Mossotti aus dem Satz, dass die Chorden von den mitt
leren Badiis vedoribus nahe im Verhältnis der Zeiten geschnitten
werden, mehr herleitet, als daraus hergeleitet werden darf, wenn die
Aproximation der gesuchten Elemente nicht zu wenig zutreffend werden
soll. — Mich verlangt sehr, Ihr Urtheil darüber zu hören, mein
tlieuerster Freund.
In eben dem Bande der Mail. Ephem. sehe ich, dass Oriani, pag. 30,
bei Reduktion der PoND’schen Beobb. für die Refraktion das Mittel aus
den Graden des äusseren und inneren Thermometers der Sternwarte zu
Greenwich anwendet. Ich meine, die mehrsten andern Astronomen
brauchen jetzt nur das äussere. Die Frage, welches von beiden Thermo
metern man gebrauchen soll, scheint mir bei dem jetzigen Zustand der
Sternkunde, da man die Genauigkeit auf einzelne Sekunden, selbst auf
Theile von Sekunden zu treiben sucht, sehr wichtig; denn es ist fast unmög
lich, zu verhüten, dass die Temperatur innerhalb des Observatoriums nicht
um mehrere Grade von der Temperatur der äusseren Luft verschieden
bleibt. Eigentlich sollte man wohl für Sterne, die über 10° bis 12°
hoch sind, bloss auf die Temperatur der das Objektiv umgebenden Luft
sehen, die allerdings von den Temperaturen, die das innere und das
äussere Thermometer anzeigen, verschieden sein und sich dem Mittel
aus beiden nähern wird. — Wie denken Sie es künftig damit zu halten,
lieber Gauss?
Ich bin im Begriff, auf höchstens 14 Tage, da ich nicht länger
abkommen kann, nach Reliburg zu gehen, wo ich einige Freunde und
Verwandte treffen werde. Am 26. dieses werde ich schon wieder in
Bremen sein. Fine eigentliche Brunnen- und Badekur habe ich dies
Jahr, dem Himmel sei Dank, nicht nöthig.
Der angeblich in England gesehene Komet bleibt mir sehr zweifel
haft. Alles beruht auf dem Bericht zweier Personen, einer zu Speld-
hurst und einer zu Tunbridge Wells, die mir beide keine eigentlichen
Astronomen zu sein scheinen. Der erste will, auf das in ausländischen
Zeitungen enthaltene Gerücht von einem Kometen, den Himmel mit
einem 70 mal vergrössernden Fernrohr fleissig durchsucht, und dabei
am 2. Mai abends 9 Uhr einen kleinen Lichtfleck 10 f Ost-Süd-Ost vom