Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 1. Abtheilung)

Gauss an Olbers. [Göttingen, 1819 etwa Mai 19.] 
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dürfte mein a vielleicht nur halb so gross sein als bei Bessel, was 
durch die stärkere Vergrösserung und feineren Fäden sehr erklärlich 
ist. Allein dass mein ß auch noch etwas kleiner ist als bei Bessel, 
nimmt mich, wie gesagt, etwas Wunder. Es wäre interessant, diese 
Grössen für viele Beobachter und Instrumente zu diskutiren. Da ich 
erwarten kann, dass bei Reichenbach’s Mittags]-F[ernrohr] für mich a 
und ß wenigstens nicht grösser ausfallen werden, als bei Repsold’s Instru 
ment, und jenes 7 Fäden hat, so wird, wenn jenes Instrument dieselbe Sta 
bilität hat wie dieses, ein einjähriger Kursus gewiss ebenso zuverlässige 
Resultate hervorbringen, als ein dreijähriger von Königsberger Beobb. 
Ich habe keinen Zweifel, dass Bessel seine Meinung von seinen Instru 
menten etwas herabstimmen wird, wenn er erst im Besitz des Reichen- 
BACH’schen Meridiankreises sein wird. 
Bald werde ich nun auch den Apparat in Thätigkeit setzen, um 
die Theilungsfehler des REPsoLD’schen Kreises zu bestimmen. Ich habe 
darüber bereits mehrere höchst merkwürdige Erfahrungen. O-Beobb. 
habe ich noch nicht sehr viele gemacht, aber alle konkurriren, das 
selbe Resultat zu geben, was die Repetitionskreise gegeben haben. Die 
Polhöhe aus O-Beobb. ist etwa 5" kleiner als aus Cirkumpolarsternen; 
ebenso stimmen meine Dekl. südlicher Sterne nicht mit den Bessel- 
schen, sondern sehr nahe mit den PoND’schen überein und fallen eher 
noch jenseits. Inzwischen beweist dieses alles noch gar nichts ent 
schieden. Ueber die Konstantenfehler der Hölienmessungs-Instrumente 
sind noch von Niemand Untersuchungen angestellt, auch von Bessel 
nicht. Meine Meinung ist, dass jedes Instrument hierbei ein Individuum 
ist, und dass wir das Wahre noch gar nicht kennen. Jedes Instrument 
wird seinem Bau nach, sowie wegen der Biegungen der Tlieile Fehler 
der gemessenen Zenithdistanzen von der Form a sin z -f- ß cos z haben; 
der zweite Theil fällt weg bei Instrumenten, die umgewandt werden 
können, also nicht bei Pond’s Kreise, aller Wahrscheinlichkeit nach 
ist er aber unmerklich. Allein der erste Theil kann meiner Meinung 
nach durch alles Aequilibriren nicht mit Gewissheit weggeschafft werden, 
und ich sehe durchaus kein Mittel, ihn zu erforschen, als durch den 
0-Horizont. Leider sind diese Beobb. sehr mühsam, und ich habe bis 
her nur erst ein paar gemacht, die zeigen, dass a bei Repsold’s Kreise 
nur sehr klein sein kann. Wäre Bessel’s Kreis fehlerfrei, so müsste, 
nach den Resultaten zu schliessen, a bei Pond’s Kreise über —3,3" 
und bei Repsold’s Kreise = — 4,8" sein, was anzunehmen mir schwer 
wird; eher möchte ich zugeben, dass Pond’s Kreis fehlerfrei sei, und 
a — 15" bei mir und = -j- 3,3" bei Bessel. Immer bleibt mir 
einiger Unterschied zwischen Mittelpunkt der O-Figur und Schwerpunkt 
sehr wahrscheinlich. Leider kommt die Ungewissheit der Refraktion
	        
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