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Olbers an Gauss. Bremen, 1819 Juli 12.
No. 369. Olbers an Gauss. [203
Bremen, 1819 Juli 12.
Ihr lieber Brief vom 3. Juli ist, ich weiss nicht durch welchen
Zufall, erst gestern, den 11. Juli, hier angekommen, dahingegen die
Zeilen, die Hr. Prof. Schumacher unterm 8. an mich zu schicken die
Güte gehabt hat, schon am 10. anlangten. Wahrscheinlich ist er mit
der Unrechten Post abgegangen und hat einen weiten Umweg gemacht.
Wie meine Reiseprojekte immer gestört worden sind, werden Sie
von Hrn. Prof. Schumacher gehört haben. Jetzt hat Bessel seine
Ankunft in Bremen wieder 3 Tage aufgeschoben, aber nun auch als
ganz gewiss auf den 20. des Abends bestimmt. Sie werden also wohl
nicht mehr in Lauenburg anzutreffen sein, wenn er von hier geht. Ich
bedauere es herzlich, dass er das von ihm so heiss gewünschte Glück,
Sie zu sehen, nicht haben soll! — Kaum mag ich es wagen, Ihnen,
mein allertheuerster Freund, vorzuschlagen, dass, wenn Sie etwa doch
bis gegen den 20. in Lauenburg bleiben sollten, Sie Ihre Rückreise
nach G[öttingen] über Bremen machen möchten. Welche unendliche
Freude Sie Bessel und mir dadurch machen würden, brauche ich Ihnen
wohl nicht zu sagen. Bremen ist nicht weiter von Göttingen als
Lauenburg, und in höchstens 1| Tagen kann man bequem von Lauen
burg in Bremen sein. Freilich fühle ich wohl, dass diese Zumuthung
etwas stark ist; aber Sie werden dieselbe gütigst entschuldigen, wenn
Sie mein und Bessel’s Verlangen, Sie wieder zu umarmen, sich lebhaft
vorstellen.
Nach Lauenburg würden wir vor Ende des Monats nicht kommen
können; denn ich hoffe doch, dass mir B[essel] wenigstens 8 Tage
schenken wird.
Auch Ihretwegen freut es mich, dass die grosse Hitze nachgelassen
hat. S[chumacher] schreibt mir, dass Sie sehr dadurch gelitten haben.
Sie sind hoffentlich nun ganz wieder hergestellt. Auch hier stieg diese
Hitze bis etwas über 26° Reaumur.
Den hiesigen Kometenbeobb. ist die Witterung sehr ungünstig ge
wesen. Fast immer war der nördliche Tlieil des Himmels bewölkt.
Anfangs war ich nicht auf die Beobb. eingerichtet, da ich keine freie
Aussicht nach Norden aus meinem Observatorium habe; nachher konnte
ich der Witterung wegen den Kometen am 5., 6. und 7. nur sehr un
vollkommen beobachten. Erst am 9. glückte eine recht gute Beob.
Bei der hellen Dämmerung und dem Mondscheine war es schwer, sich
unter den kleinen Sternen des HEnscHEL’schen Teleskops und des Luchses
zu orientiren.