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Gauss an Olbers. Göttingen, 1819 Oktober 16.
der Theilung angebracht, und werde bald dieses Geschäft anfangen.
Auch habe ich, da die so äusserst feinen Fäden nicht gut so zu beleuch
ten waren, um auch kleine Sterne beobachten zu können, zuerst den
Spiegel herausgenommen, ganz eben schleifen und matt versilbern lassen.
Da jedoch auch dies noch nicht helfen wollte, so habe ich die Fäden
herausgerissen und andere, dickere, eingezogen. Die Einrichtung des
itEiCHENBACH’schen Mittagsfernrohrs ist mir so angenehm geworden,
dass ich sie hierbei nachgeahmt und statt der vorigen 5 Fäden jetzt
7 mit engeren Intervallen (zwischen 10 s und ll s für den Aequator)
eingezogen habe. Leider hatte ich in dieser Jahreszeit nicht viel Aus
wahl mehr unter Spinnenfäden, doch ist es mir zu meiner Zufrieden
heit gelungen. Ich denke, dass es nun keine Schwierigkeiten haben
werde, auch die kleinen Planeten mit diesem schönen Instrumente zu
beobachten.
Seit den wenigen Tagen, wo der KEPSOLD’sche Kreis wieder auf-
gestellt ist, bin ich auch auf seine optische Kraft aufmerksam ge
wesen. Obgleich das Fernrohr dem REiCHENBACH’schen Mittagsfernrohr
beträchtlich nachsteht, so bildet doch der Umstand, dass ersteres im
voraus genau eingestellt werden kann, einigen Ersatz und macht, dass
man beinahe ebenso viel damit sehen kann. Ich habe neulich sogar
im Mittage g TJrsae majoris (== Aicor) recht gut beobachtet. Der Neben
stern von £ fällt auch so schön in die Augen, dass ich wohl glauben muss,
dass die Kataloge ihm mit Unrecht nur die 6. Grösse geben, und dass
er jetzt wohl reichlich die 5. hat. Ich bin neugierig, wie lange ich
die 2j.-Trabanten werde bei Tage sehen können.
Dass Lindenau die Astronomie ganz abandonnirt hat, ist sehr zu
bedauern, ebenso wie das Absterben der Zeitschrift. Wie manches
Talent ist durch dieselbe und die M. C. geweckt und ermuntert, manche
schöne Arbeit dadurch veranlasst und das Interesse des Publikums an
der Wissenschaft immer in gewissem Grade rege erhalten. Ich habe
Encke, der hier vor Kurzem durchreiste, sehr ans Herz gelegt, etwa
gemeinschaftlich mit Nicolai, eine neue Zeitschrift zu unternehmen;
allein er hat mir noch kein Gehör gegeben.