Olbers an Gauss. Bremen, 1802 September 11.
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mische Europa sieht mit Ungeduld der Bekanntmachung Ihrer Methode
entgegen, und mich dünkt, es wäre nicht recht schicklich, die all
gemeine Erwartung gar zu lange unbefriedigt zu lassen. Sähe es nicht
vielleicht so aus (glauben Sie ja nicht, dass ich Sie dieses kleinlichen
Gedankens fähig halte), als wollten Sie Ihre Methode deswegen für
sich behalten, um bei vielleicht noch künftig zu entdeckenden neuen
Planeten wieder zuerst und fast allein die Bahn bestimmen zu können?
Zudem kann Ihre schöne Methode nie bei einer schicklicheren Gelegen
heit bekannt gemacht werden, als gerade jetzt, da die und 4 Ihnen
immer so interessante Beispiele ihrer Anwendung und so entscheidende
Beweise ihrer vorzüglichen Brauchbarkeit geben. Und warum wollten
Sie auf die Austeilung gar zu viel Zeit wenden? Alles Wesentliche
ist ja geschehen. Denken Sie nicht zuweilen an den Wahlspruch
unseres La Lande: Mulla, dum perpoliuntur, pereunt?
Ueber die Pallas wird wohl weiter nichts Wichtiges bei Ihnen
eingegangen sein, auch werden Sie selbst noch keine weitere Rechnung
darüber angestellt haben, sonst hätte es Ihre freundschaftliche Güte
mir schon gemeldet. Ich bin sehr begierig zu erfahren, wie lange Mas-
kelyne, die Pariser und Oriani die ^ gesehen haben. Für’s künftige
Jahr habe ich mir im voraus eine Art Ephemeride der 4 berechnet,
nur etwa von 20 zu 20 Tagen, um im voraus eine Karte danach ent
werfen zu können. Im Febr. werde ich anfangen, sie zu suchen, aber
vor dem April schwerlich finden. In der Gegend, wodurch sie künf
tiges Jahr geht, sind eine unglaubliche Menge kleiner teleskopischer
Sterne, die ihre Auffindung sehr erschweren werden.
Ob Pallas am 1. März 1797 schon in Paris beobachtet ist, werde
ich erst im künftigen Monat wissen können.
Leben Sie wohl, mein theuerster, verehrungswürdigster Freund,
heute Abend haben wir eine Mondfinsterniss, zu deren Beob. es sich
aber sehr schlecht anlässt. Noch ist der Himmel ganz trübe.
Endlich kann ich Ihnen etwas mehr über den mir mitgetheilten
äusserst schätzbaren Aufsatz und über Ihre vortreffliche Methode zur
Bestimmung der Balm von Weltkörpern unabhängig von aller Hypo
these über die Natur des Kegelschnitts, welchen sie beschreiben, sagen.
Ich habe ihn mit Nachdenken durchgelesen. Sowohl die ganze ana
lytische Behandlung, als die äusserst einfache Hauptgleichung (7)
haben meine innigste Bewunderung erregt. Nun verstehe ich es, wie
Sie die erste genäherte Bestimmung der Bahn für leichter halten
konnten als die nochmalige Verbesserung.
Doch Sie wollen gewiss kein fades Lob von mir. Erlauben Sie
vielmehr, mein theuerster Freund, Ihnen, im Vertrauen auf Ihre Güte,