Gauss an Olbers. [Göttingen], 1821 Juli 8.
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Abend abermals eine Stunde. Das Wetter ist diese ganze Woche
äusserst ungünstig gewesen, so dass nicht viel mehr als nichts hat ge
schehen können. Den hier zu messenden Winkel habe ich jetzt 80mal;
wenn ich es bis 100 gebracht habe, mag es mit dem Theodolithen
genug sein, und dann werde ich noch einige Male den schiefen Winkel
mit dem Kreise nehmen. Das Steinhauerhau-Signal ist noch nicht fertig,
auch das Postament beim nördl. Meridianzeichen nicht. Die Signale
kosten sehr viel Geld, und wenn die Angaben, die mir Schumacher von
den Kosten seiner Signale früher gegeben, genau gewesen, so sind sie
mir ganz unbegreiflich.
Hoffentlich wird der Heliotrop viele Signale entbehrlich machen,
Rumpe hat ihn endlich vollendet bis auf einige Stücke, die dessen Ge
brauch ausserhalb der Sternwarte noch mehrere Tage verzögern wer
den. Leider ist nicht bloss das provisorische Fernrohr sehr schlecht,
sondern auch der Spiegel, wodurch die Berichtigung ausserordentlich
erschwert wird. Inzwischen selbst, so wie er jetzt ist, hoffe ich, soll
er schon in den meisten Fällen durchdringen. Ich selbst habe erst
zwei Versuche damit gemacht.
1) in der Distanz 2000 m gegen Abend, wo die Sonne schon
sehr tief stand, doch fielen die Strahlen fast senkrecht auf. Es war
dem blossen Auge ein sehr schönes glänzendes Licht; in einem schönen
FRAUNHOEER’schen Fernrohr war es so hell, dass es, wenn man etwas
anhaltend hinsehen wollte, dem Auge sehr beschwerlich fiel.
2) heute in der doppelten Distanz unter übrigens fast ähnlichen
Umständen war es freilich schwächer wie in 1), doch so, dass ich alle
vorigen Prädikate auch noch gebrauchen würde.
Ein Versuch, den ich vorgestern anstellen wollte, wo ich nach
dem Hohehagen deshalb gefahren war (Dist. 13 800 m), misslang ganz,
weil es unaufhörlich regnete.
Ich habe vergessen zu bemerken, dass bei einem früheren Ver
suche in der Dist. 1800 m, wo der Heliotrop nur wenige Augenblicke
auf die O selbst hatte gerichtet werden können, der Hauptmann
Müller ihn nachher noch auf eine helle Wolke richtete, welches ein
überaus schönes Bild im Fernrohr gab, das aber natürlich dem blossen
Auge unsichtbar blieb. Inzwischen glaube ich, dass, wenn eine recht
glänzende Wolke gewählt werden kann, dies immer noch auf 1 Meile
weit mit einem guten Fernrohr pointirt werden kann. Am ersten son
nigen Tage soll der Versuch nach dem Hohehagen wiederholt werden.
Der administrative Theil der Geschäfte ist übrigens, wie ich schon
öfters erfahren, mit mancherlei Verdriesslichkeiten verknüpft, und ich
fürchte sehr, wenn ich nicht beim Fortgang der Arbeit mehr dagegen
abgehärtet werde, dass sie mir dieselbe noch oft verleiden werden,