Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Olbers an Gauss. Bremen, 1822 Februar 2. 
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Sie etwas davon gehört? — Ich bedauere, dass Sie, wenn sie künftigen 
Sommer die Messung noch fortsetzen, doch die Brockenstation noch 
einmal besuchen werden müssen, hoffe indessen, dass Sie auf alle Fälle 
in Ihren Operationen dann so weit fortrücken werden, um mehr in 
unsere Nähe zu kommen, so dass ich mir mit dem angenehmen Ge 
danken im voraus Freude mache, Sie wahrscheinlich auf irgend eine 
Art im Verlauf dieses Jahres persönlich zu sehen. 
Allerdings habe ich das, was v. Zach über Ihren Heliotrop 
schwatzt, mit Missfallen gelesen. Ueberhaupt kann ich sein immer 
mehr überhandnehmendes Vornehmthun und Schwadroniren nicht 
leiden. — Die versprochenen Rechnungsresultate über die O Finsterniss 
vom 7. Sept. wird er uns wohl nicht geben, da höchst wahrscheinlich 
seine eigene Beob. zu Bologna so fehlerhaft ist. — Ganz sehe ich die 
grossen Vortheile davon ein, wenn Sie es möglich machen können, die 
herrliche Idee Ihres Heliotrops an einem Theodolithen anzubringen. 
Es bleibt immer schade, dass das paarweise Beobachten der Breiten 
an 6 Punkten des gemessenen Meridianbogens wegen des zu grossen Auf 
wandes an Geld und Zeit unthunlich wird. Die aus der beobachteten 
Richtung der Mittagslinie und den Dreiecken hergeleiteten Längen 
differenzen werden uns freilich die Abweichung der Figur der Erde von 
einem Revolutions-Ellipsoid geben — und dies ist allerdings das Wich 
tigste —, aber über den so oft vermutheten Einfluss der Lokalanziehung 
doch wohl nicht völlig belehren können. Bleibt nicht dann noch die abso 
lute Grösse des gemessenen Meridianbogens immer etwas zweifelhaft? 
Das Wetter scheint jetzt etwas besser zu werden, was mir um so 
mehr lieb ist, da hoffentlich nun Ihr Sektor aufgestellt sein wird. Ich 
bin äusserst neugierig auf Ihre Göttinger Beobb. mit diesem Instru 
ment, und inwiefern er mehr oder weniger mit Ihren Reichenbach- 
schen und REPsoLD’schen Meridiankreisen übereinstimmen wird. — Wo 
ich nicht irre, ist Troughton nicht ganz mit der Konstruktion des 
Sektors zufrieden und glaubt, dass die RAMSDON’sclie Einrichtung doch 
eine Unvollkommenheit haben müsse. 
Endlich habe ich die Freude, dass mein Sohn sich verheirathen 
wird. Ich hatte ihm öfters meinen Wunsch, ihn verheiratliet zu sehen, 
geäussert, ohne seine Wahl im Geringsten bestimmen oder einschränken 
zu wollen. Mich befremdete seine Gleichgültigkeit gegen alle unsere 
jungen Frauenzimmer, da ich nicht wusste, dass seine Neigung schon 
auswärts gefesselt war. Der verschwiegene Liebende hat sich nun er 
klärt. Seine Braut*) ist ein Fräulein v. Dinklage, eine Tochter des 
*) Aus dem späteren Briefe vom 16. Mai erfuhr ich, dass diese Versprechung 
wieder rückgängig geworden. Nachrichten über die späteren Lebensjahre dieses inter-
	        
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