Gauss an Olbers. Göttingen am ersten Ostertage, 1823 [März 30].
dass ich dies ohnehin gethan haben würde. Er meinte, man würde
alles Mögliche thun, mich hier zu erhalten. Indessen weiss ich nicht,
ob ich nicht selbst in der Voraussetzung der Möglichkeit, dass ich ohne
vorherige Anzeige einen festen Entschluss fassen könnte, einen Maass
stab für den Umfang dessen, was man in Hannover] für alles Mögliche
hält, zu erkennen habe. In meiner Anfangs Febr. an L[indenau] ge
gebenen Antwort hatte ich erklärt, dass ich auf officielle Anträge zu
entriren jederzeit bereit sei, aber weiter keinen Wunsch geäussert, dass
die Sache beschleunigt werden möchte. Es darf mich daher nicht be
fremden, wenn es langsam geht, noch darf ich daraus den Schluss ziehen,^
dass man es nicht ernstlich meine. Indessen kann ich nicht leugnen, dass
ich bei fortwährender Ungewissheit mit einer gewissen Aengstlichkeit an
die Situationen denke, in die ich vielleicht gerathen werde, wenn ich
zum Wiederanfang meiner Messungen Hannover passiren muss. Wie
sehr vermisse ich einen treuen, erfahrenen Rathgeber wie Sie, bester
Olbers, mir zur Seite.
Ueber den Wiederanfang dieser Messungen kann ich jetzt auch
noch nichts beschliessen. Da dieselben mich bald nach Hamburg führen
müssen, wo eine Kooperation mit Schumacher wesentlich sein wird, so
werde ich, da dieser mir bloss schreibt, dass er vor Mai nicht von
Kopenhagen zurück sein wird (jetzt ist er noch nicht hin), nicht gar
früh anfangen dürfen. Ueber das Projekt weiterer Ausdehnung nach
Westen habe ich gar keine Antwort von H[annover] erhalten. Ich höre
bloss vom Hauptmann Müller, dass Lieutenant Hartmann für den
Hrn. Geh. Kab.-Kath Hoppenstedt zwei Kopien des Gradmessungs
netzes angefertigt habe.
Gar wenig hat gefehlt, dass es mit meinen Gradmessungsarbeiten
und allem Aehnlichen auf einmal ganz vorbei gewesen wäre, durch
einen Sturz, den ich vor acht Tagen von einem nicht zugerittenen
Pferde auf das Pflaster that. Diesmal bin ich aber buchstäblich noch
mit einem blauen Auge davon gekommen, d. i. mit einigen Fleisch
wunden am Arme, an der Nase und einer Quetschung hart unter dem
Auge, welches ich allein zum Observiren brauchen kann. Jetzt sind
meine V unden schon ganz wieder geheilt und bloss noch einige Regen
bogenfarben unter dem Auge übrig. Das Auge selbst ist gar nicht
afficirt gewesen.
Gerling hat mich unlängst mit einem Besuch erfreut. Er ist sehr
geneigt, wenn es die Umstände erlauben, in dem Fall, dass ich noch
einmal zum Brocken zurückkehre, die Messungen und Heliotropsendungen
auf dem Inselsberge auf sich zu nehmen, der auch einer der hessischen
Dreieckspunkte werden wird.
Meine älteste Tochter, Ihr Pathchen, die seit 14- Jahren in einer