Gauss an Olbers. Göttingen, 1823 November 2. 261
paar angefangene Beobachtungsreihen durch Zufall ganz verunglückt
waren. Ich erfuhr dies erst bei meiner Nachhausekunft und wurde
dadurch veranlasst, später noch einmal einen Heliotrop zum Brocken
zu schicken. Ich habe dessen Licht zwar nur an einem Tage, Okt. 16,
auf dem Hohehagen benutzen können, allein dieser Tag war vorzüglich
schön und meine Ernte befriedigend. Auch den Inselsberg und Meisner
habe ich auf dem Hohehagen sehr gut eingeschnitten, und Gerling hat
auch seinerseits das Heliotroplicht vom Hohehagen sehr oft und, wie
es scheint, das vom Brocken noch ziemlich oft benutzen können. Wie
dieses grosse Dreieck nunmehr schliessen wird, weiss ich noch nicht, da
Gerling’s Resultate mir noch nicht zugekommen sind. Ich hatte Okt. 16
als Schlusstag meiner Messungen festgesetzt. Hätte ich hoffen können,
dass nachher noch so schöne Tage folgen würden, so hätte ich den
Heliotrop noch länger auf dem Brocken gelassen und auch noch den
Hils besucht, wo die Richtung zum Brocken 1821 auch nicht ganz zu
meiner Zufriedenheit gemessen war. Indessen ist auch so schon der
Totalfehler des Dreiecks Hohehagen, Hils, Brocken von 3",7 auf 1",8
heruntergekommen.
Ich 1 ) habe nunmehr die mühsame Ausgleichung meiner sämmtlichen
Messungen von 1821—1823, soweit sie die Hauptdreiecke betrifft, voll
endet, so dass nun nicht nur die Summen der Winkel der einzelnen
Dreiecke, sondern auch die Verhältnisse der Seiten in den gekreuzten
Vierecken und Fünfecken genau zu einander passen, und zwar nach
den strengen Principien der Wahrscheinlichkeitsrechnung sine ira et
studio und ohne alle Willkürlichkeit. Es scheint nicht, dass man das
letztere von den Messungen anderer Geodäten sagen könne. Im ganzen
Systeme sind 76 Richtungen, d. i. 38 jede hinwärts und herwärts. Bei
keiner von ihnen hat die Ausgleichung 1" betragen, die grösste ist
0",813 bei der Richtung von Nindorf nach Hamburg, wo das Pointiren
auf den Michaelisthurm bei der herrauchartigen Atmosphäre und der
Phasenstörung immer sehr schwierig war. Die nächstgrösste ist 0",788 bei
der Richtung von Lüneburg nach Wilsede, wo zwar der Zielpunkt Heliotrop
licht, aber die Aufstellung auf einem hölzernen Stativ in der Laterne
des Thurmes gewiss nicht von der Solidität war wie auf Steinpostamenten,
und das Gewicht des Beobachters nach seiner verschiedenen Stellung-
Einfluss auf das Instrument gehabt haben mag. Der mittlere Fehler
aller Richtungen, so verstanden wie in meiner Theoria Combinationis,
ist 0",486.
x ) Von hier ab bis „Schuld sein“ ist der Brief auch abgedruckt in Gauss’
Werken, Bd. IX, S. 319. Vergl. hierzu auch Brief No. 140 im Briefwechsel Gauss-
Bessel. Krm.