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Olbers an Gauss. Bremen, 1824 Januar 22.
über Ihre Meridianmessung' erhalten. Ich glaube, dass Sie mit grossem
Recht auf die Anschliessung an Zach’s Basis und vielleicht auf die
Basis selbst misstrauisch sind. Wenigstens bin ich nach dem, was
Zach in dem mir neuesten Stück seiner Corr. astr. Vol. IX No. 11, p. 184
von seinem Fernrohr 1 ) mit konkavem Augenglas, durch welches man
nahe und entfernte Gegenstände gleich deutlich sehen soll, und worin
er Spinnfäden gezogen haben will, sagt, gegen alle seine Behauptungen
noch viel schwergläubiger geworden, als ich schon vorher war.
Ihren Bericht nach Hannover hätte ich gern lesen mögen und
wünsche meinerseits herzlich, dass er die beste Wirkung zur Erreichung
meines Wunsches, noch bei meinem Leben eine unmittelbare Verbindung
zwischen Ihrer Gradmessung und Bremen zu Stande kommen zu sehen,
befördern möge. Den vom Geh. Kab.-Rath Hoppenstedt schon lange
erwarteten Brief habe ich noch nicht erhalten und schliesse daraus,
dass seine Krankheit noch wohl immer fortdauert. So bald ich etwas
diese Angelegenheit Betreffendes von ihm erfahre, werde ich es unver
züglich melden.
Bei Gelegenheit des geringen Unterschiedes — im Mittel 1",89 —
der Münchener Polhöhe fiel mir ein, einmal gehört zu haben (von wem
weiss ich nicht mehr, von Bessel selbst war es nicht), dass Bessel
Ihre Polhöhe von Göttingen um 1"4- zu gross halte. Wenn Bessel
dies wirklich glaubt oder geäussert hat, so kann dies doch wohl nur
daher rühren, dass Sie aus hinreichenden Gründen Bessel’s Refraktion
nicht gebraucht haben. Sollte nun Soldner seine Pohlhöhe durch
Bessel’s Refraktion bestimmt haben, so würde sich vielleicht noch ein
grosser Theil des Unterschiedes zwischen der geodätisch und astrono
misch bestimmten Polhöhe aus dieser verschiedenen Refraktion aufheben
lassen.
Das immer trübe Wetter, wie ich es so anhaltend noch nie erlebt
zu haben mich erinnere, hat mich den schönen Kometen * 2 ) nur sehr
selten sehen lassen. Beobb. sind mir eigentlich nur 2 gelungen, da ich
bei den beiden anderen unglücklicher Weise Sterne gewählt hatte, die
nicht in der Hist. Cel. und keinem Sternverzeichnisse vorkamen.
Jan. 11. 14 h 22 m 40* M. Z. 245° 47'15" 32° 37'39"
14. 13 56 37 242 39 22 39 34 53
Gleich nach der Beob. des 11. berechnete ich aus nicht sehr voll
kommenen Daten, bloss um die Relation der Bewegung des Kometen
zur Bewegung der Erde und zur O im Allgemeinen übersehen zu können,
folgende Elemente:
9 ^ ergl. auch Brief No. 194, S. 358 im Briefwechsel Gauss-Schumacher. Krm.
2 ) Vergl. Olbers Bd. I No. 86—88, S. 387—389. Krm.