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Gauss au Olbers. Rotenburg-, 1824 Juni 10.
Sie wissen, in Ergreifung energischer Maassregeln langsam; es würde
lange hin und her berichtet werden, und am Ende doch wohl nichts
herauskommen oder erst, wenn der Sommer fast vorbei wäre. Ich gehe
daher mit dem Gedanken um, mich an die Landdrostei in Stade zu
wenden; vielleicht legt die Rücksicht auf meine Arbeiten zu den land
wirtschaftlichen Rücksichten noch ein kleines Gewicht. Vielleicht
könnten Sie, teuerster Olbers, auch sehr dazu beitragen, wenn Sie
die Ansicht teilen, dass der Moorqualm auch in ärztlicher Rücksicht
sehr nachtheilig sei, eine Meinung, die ich in einem kleinen vor einigen
Jahren von einem Arzt in Lingen herausgegebenen Buche über den
Moordampf gefunden habe. Wenn es nicht unbescheiden wäre, wenn
ich als Laie in Ihre Wissenschaft pfuschen wollte, so möchte ich sogar
den Umstand Ihnen mit anführen, dass meine Frau mir schrieb, es sei
in Göttingen mehrere Tage starker Herauch gewesen, wobei sie ihre
Brustbeschwerden sehr vergrössert gefühlt habe. Dies waren aber
gerade die Tage, wo der Nordwind den Moordampf über Hiddingen
südlich jagte, und ich zweifle gar nicht, dass der angebliche Herauch
nichts anders als der verdammte Moorqualm gewesen ist (auch in
Hannover hatte man Herauch (?) gehabt). Nach meiner einfältigen
Ansicht kann ja für eine schwache Brust das Einathmen von den
Moorpartikeln unmöglich heilsam sein. Sollten Sie nun, theuerster
Olbers, auch diese Ansicht haben, die ich hier bei vielen Personen
finde, und mir erlauben, ein kleines Gutachten von Ihnen meiner Vor
stellung beizulegen, oder auch nur Ihren Brief ostensibel einrichten und
der Sache darin mit einigen kräftigen Worten erwähnen, so kann ich
kaum Zweifel hegen, dass die Landdrostei diesen Rücksichten noch viel
mehr Gewicht beilegen würde als den landwirthschaftlichen, die vielleicht
noch etwas problematischer sind, und den trigonometrischen, von denen
ich nicht weiss, ob dieselben ein sonderliches Interesse erregen würden.
Viele Tausende von Menschen würden Ihnen den Erfolg danken. Hrn.
Senator Gildemeister habe ich die Freude gehabt, hier auf eine halbe
Stunde zu sehen.
Für Ihre gütigen Anerbietungen danke ich verbindlichst. Sollte
ein zu langer Aufenthalt in diesen Gegenden meinen kleinen Flaschen
keller erschöpfen, so würde ich unbescheiden genug sein, Sie um Ihre
gütige Vermittlung zu einer Nachhülfe von einigen Spirituosen zu bitten.
Im Augenblick bin ich noch von Göttingen her versehen.
Sie haben Recht, theuerster Olbers, dass es schwer ist, Zach’s
mit ebenso viel Impudenz als Unwissenheit gepaarte Arroganz ohne
Indignation und Ekel zu lesen. Machen Sie es, wie ich es fortan
machen werde, und lesen seine Scharteken gar nicht. Belehrung haben
sie schon seit langem nicht gegeben, und eine Antwort verdienen sie nicht.