Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Gauss an Olbers. Zeven, 1824 Juli 4. 
von Punkten vergleichen will, kommt es nicht auf 3), sondern auf 
1) oder 2) an. 
Ich weiss nicht, oh ich mich nicht irre, aber mir däucht, dass man 
bisher noch nicht recht gewusst hat, was eigentlich die besten geo 
dätischen Messungen im Grossen leisten können, ungefähr wie man vor 
Entdeckung der neuen Planeten eine ganz falsche Vorstellung von dem 
hatte, was man von guten astron. Beobb. zu fordern berechtigt ist. Ich 
gestehe, dass es mir ein selbständiges hohes Interesse zu haben scheint, 
die gegenseitige Lage von einigen 1000 Punkten über ganz Europa mit 
aller Schärfe zu bestimmen, deren die Kunst und Wissenschaft des 
19. Jahrhunderts fähig ist. Dadurch, dass man bei grossen geodätischen 
Messungen immer sein Auge nur auf 3) richtete, hat man einen ganz 
falschen Gesichtspunkt und Maasstab erhalten. Denn da die höchste 
Kunst der Astronomie kaum 1" der Breite und das 3 fache (oder mehr) in 
der Länge erreichen kann, so meinte man, geodätische Messungen schon 
genug gerechtfertigt und in Glanz gesetzt zu haben, wenn man zuletzt 
nur Unterschiede von einigen Sekunden fand. Mehr ist auch nicht 
möglich, wenn man von der astronomischen Lage (3) mehrerer Punkte 
ausgehend zu einem Vereinigungspunkte kam. Aber ganz barbarisch und 
unverantwortlich wäre ein solcher Unterschied bei rein geodätischen 
Verbindungen (1) oder bei (2), wenn man nur einen Punkt astronomisch 
zu Grunde legt, insofern solche Messungen nicht schon einen halben 
Welttheil umfasst haben. 
Verzeihen Sie, theuerster Olbers, meine Weitläufigkeit. Ich wünschte 
mich Ihnen verständlich zu machen; denn in der Tliat nur bei der hier 
ausgelegten Ansicht kann ich an meinen Arbeiten ein wahres Interesse 
haben, und ohne sie würde ich beklagen, meine Zeit 4 Jahre hindurch 
auf einen ganz unwürdigen Gegenstand gewandt zu haben. 
Meine hiesigen Messungen auf Litberg, Wilsede, Bullerberg und 
Bottel sind schon zureichend, aber Bremen liess sich nie mit gehöriger 
Schärfe schneiden. Noch nie habe ich den Knopf als Knopf hier er 
kennen können (oft im schönen Heliotroplicht, welches aber einen nach 
dem Stande der O verschiedenen Zielpunkt giebt). Bei Sonnenschein hat 
auch die Spitze immer eine die Messungen verderbende Phase. Ich habe 
vorgestern Klüver mit [einem] Heliotrop hingeschickt (vermuthlich haben 
Sie ihn früher gesehen als mein letzter Brief, der nach Aussage des 
Boten einen Tag in Eotenburg liegen geblieben und erst gestern Nach 
mittag bei Ihnen angekommen sein wird; die Post nach Bremen von 
Rotenburg geht 2 mal wöchentlich weniger als sie von Bremen kommt, 
ich habe mir aber die Tage nicht notirt), aber gestern, obgleich fast 
den ganzen Nachmittag schöner Sonnenschein in Bremen war, noch kein 
Licht erhalten; vermuthlich hat er erst die Vorkehrungen machen müssen.
	        
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