Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Zeven, 1824 .Juli 8. 
335 
Grad der Genauigkeit in den Beobb. (gleichviel, wie gross oder wie 
klein er sein mag) bedingt immer wieder den Grad der Genauigkeit, 
die man von den Resultaten fordern darf, und die Genauigkeit der 
Beobb. kann nach meiner Meinung ein an sich schlechtes Dreieck durch 
aus nicht gut machen; wenigstens wäre [es] sonst überflüssig gewesen, 
die übrigen guten Dreiecke mit derselben Schärfe zu messen. Höchstens 
kann dadurch dann das ganze System wieder in Parallele mit anderen 
an sich viel schlechteren Messungen zurückkommen. 
Ich habe es bisher für ein blosses Vorurtheil gehalten, wenn man 
Dreiecke mit sehr kleinen Winkeln der Genauigkeit für nachtheilig 
hielt, insofern die den spitzen AVinkeln gegenüberliegenden Seiten keine 
Uebergangsseiten abgeben; ich habe solche kleinwinkligen Dreiecke bloss 
deswegen für minder gut gehalten, weil man damit auf einmal nicht 
viel weiter kommt, also mehr Zeit und Kosten gebraucht, als wenn 
man auf einmal viel fortschreiten kann; und auch dieser Grund fällt 
ganz weg, wenn die Aufsuchung und in Standsetzung eines grossen 
Dreiecks vielleicht doppelt so viel Zeit kostet, als die Messung zweiel' 
Dreiecke zusammen, die eben dahinführen, und wovon das eine einen 
sehr spitzen Winkel hat. Demungeachtet habe ich nicht ganz nach 
diesem Princip gehandelt, sondern ein Dreieck mit einem kleinen Winkel 
nie eher adoptirt, als bis ich fast alle Möglichkeiten erschöpft hatte, 
es zu vermeiden (nur diejenige Möglichkeit nicht, die zu schlechten 
Messungen selbst geführt hätte d. i. Zach’s hohe Thürme), nicht weil 
ich geglaubt hätte, dadurch an Genauigkeit etwas zu gewinnen, sondern 
aus dem wohl verzeihlichen Wunsche, dem System so viel [wie] möglich 
ausser dem inneren Gehalt auch Schönheit und Rundung zu geben. Da 
ich nun aber Sie, theuerster Olbers, durch das, was ich in einem früheren 
Briefe darüber schrieb, nicht überzeugt habe, sondern da Sie den Nach 
theil, der für die Genauigkeit aus dem spitzen Winkel sonst entstehen 
würde, durch die Schärfe der Messungen gut gemacht verlangen, was 
nach meiner Ansicht unmöglich ist, so werde ich selbst in meiner bis 
herigen Ansicht ganz irre und zweifelhaft, ob sie nicht ganz unrichtig 
gewesen, und darf wenigstens auf keinen Fall hoffen, andere von der 
Richtigkeit derselben zu überzeugen. Was namentlich das Dreieck 
Br[emen]—Br[üttendorf]—Went[el] betrifft, so hätte ich mich selbst 
sehr ungern dazu entschlossen, weil es nicht schön ist und auf einmal 
nicht viel weiter bringt; rücksichtlich der Genauigkeit aber (ganz ab 
gesehen davon, wie genau die Winkelmessungen an sich sind) würde ich 
dasselbe, seine Winkel zu 12°, 46°, 122° angenommen, vollkommen einem 
anderen gleichgestellt haben, dessen Winkel 76°, 46°, 58° gewesen wären. 1 ) 
x ) Siehe Anmerkung auf S. 334. Sch.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.