Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Gauss an Olbers. Göttingen, 1820 August 23. 
mehrige Ernennung zum Direktor des Wasser-, Brücken- u. Strassen- 
baues es unmöglich macht. Da er mir versprochen hatte, mich diesen 
Sommer zu besuchen, und ich diese Hoffnung auch jetzt nicht ganz auf 
gegeben habe, so habe ich an ihn deswegen noch nicht schreiben mögen; 
denn mündlich darf ich noch immer eher hoffen, eine nicht abschläg- 
liclie Antwort zu erhalten, als auf einen Brief. Geht es mit Reichen 
bach nicht, so setze ich meine Hoffnung auf Repsold, dessen neue 
Theilmaschine, wie mir Struve sagte, fast bis auf die Eintheilung fertig 
ist, Ich fürchte nur, seine Werkstatt ist zu beschränkt, als dass er 
schnell helfen kann. Vielleicht endlich könnte mir Schumacher seinen 
Theodolithen, falls er noch in gutem Stande ist, borgen. So, theuerster 
Olbers, stehen bis jetzt die Sachen. 
Von Schumacher habe ich seit langer Zeit keine direkten Nach 
richten. Ich habe mich, wie mehrere andere seiner Freunde (Sie, wie 
es scheint, weniger als andere), oft über sein zu seltnes Schreiben zu 
beklagen. Ich bin ganz ohne Nachricht, wann die Basismessung an 
fangen wird. 
Ich komme noch einmal auf y Virginis zurück. Ich habe zufällig 
Veranlassung gehabt, Herschel’s erste Abhandlung über die Doppel 
sterne wieder durchzublättern, und es wird mir sehr schwer noch 
einen Zweifel zu haben, dass um 1781 wenigstens die Distanz viel 
größer gewesen ist als jetzt. Nicht allein dass dieser sorgfältige Obser 
vator den Stern in die dritte Klasse setzt und die Distanz zu 
angiebt, sondern wiederholt wird eben der Stern bei den Prüfungsmitteln 
für successiv immer schlechtere und schlechtere Fernrohre da empfohlen, 
wo Sterne w T ie Castor schon zu fein sind, und da sogar neben £ Ursae 
maj. und y Arietis gesetzt (die beiden andern da angeführten y Delphini, 
ti Bootis kenne ich noch nicht aus eigner Ansicht). Das könnte jetzt 
wohl keinem mehr einfallen. Ich werde doch bei erster Gelegenheit 
die Umstände von Cassini’s Beob. nachsehen. Dass übrigens Hr. v. Zach 
sagt, die Beob. sei von Cassini und also sehr gut, befriedigt mich 
noch nicht. War aber auch die Beob. 1) wirklich sehr gut, 2) voll 
ständig, 3) von Struyck richtig berechnet, so würde daraus meiner 
Meinung nach doch noch nicht mit Gewissheit auf die Richtigkeit des 
Resultats von 4" geschlossen werden können, weil es am Mondrand 
eine Menge von Ungleichheiten giebt, die mehrere Sekunden hervorragen. 
Bei meinen häufigen Mondbeobb. am Passage-Instrument sind mir diese 
oft sehr auffallend gewiesen. Ich möchte daher überhaupt die Be 
deckungen der feinen Doppelsterne vom Monde für kein genaues Mittel 
halten, ihre Abstände zu bestimmen, ausser w r o man diese Beobb. mit 
sehr guten Instrumenten und mit sehr starken Vergrösserungen gemacht 
hat, und sich durch den Augenschein überzeugt hat, dass an der Stelle
	        
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