Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Göttingen, 1820 August 23. 
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des Ein- und Austrittes keine bemerkliche Ungleichheiten waren, wozu 
also auch noch erforderlich, dass beide Ränder sichtbar waren. Schwer 
lich möchte Cassini’s Beob. diesen Bedingungen voll Genüge leisten. 
Der vorhin angeführte Umstand scheint mir für den heutigen Zustand 
der Beobachtungskunst überhaupt den Werth von Sternbedeckungen 
und Sonnenfinsternissen etwas zu vermindern, und ich glaube kaum, 
dass sich aus solchen Phänomenen erheblich genauere Resultate erreichen 
lassen, als aus Beobb. mit fixen Meridianinstrumenten. Solche Beobb. 
aber z. B. von der bevorstehenden Sonnenfinsterniss, wie sie von Per 
sonen, die ihre Zeit mit Bleikugeln abmessen müssen, erhalten werden 
können, möchten wohl eigentlich gar keinen astronomischen Werth mehr 
haben können. 
Höchst wahrscheinlich scheint es mir aber doch auf alle Fälle aus 
Cassini’s Beob. zu werden, dass der Abstand im vorigen Jahrhundert 
sein Maximum gehabt hat, denn unter Voraussetzung gleichförmiger 
Abnahme hätte die Distanz um 1720 etwa 12" gross sein müssen, was 
wohl mit Cassini’s Beob. durchaus unverträglich sein wird. Und in 
sofern wäre dieser Doppelstern gewissermaassen der Merkwürdigste, den 
wir bis jetzt kennen, weil bei keinem die Ungleichförmigkeit der rela 
tiven Bewegung bisher durch Erfahrung erkannt ist. Diese aber beweist 
das Zusammengehören der Sterne am allerkräftigsten, da bei allen 
übrigen Doppelsternen dieses Resultat sich nur auf Wahrscheinlichkeits 
gründe stützt, deren Gewicht allerdings überaus gross ist (obwohl, so 
viel ich weiss, noch von Niemandem mit einigem mathematischen Geist 
abgewogen), wo aber die Zufälligkeit der Erscheinungen bei einem ein 
zelnen Sternpaar immer noch sehr gut denkbar bleibt, und nur wegen 
des Vorkommens bei so vielen Paaren nicht mehr für zufällig gehalten 
werden kann. — Eben sehe ich erst, durch Struve’s Anmerkung auf 
merksam gemacht, dass von die Summe der Halbmesser erst ab 
gezogen werden soll; ich kann aber nicht gleich finden, woher Struve 
es entlehnt haben mag, dass Herschel die Scheiben Durchmesser 
getrennt gesehen haben soll; Herschel sagt dies wenigstens in seinem 
Verzeichniss pg. 132 nicht. Vielleicht in dem späteren Bande, wo die 
Beobb. von 1803 angeführt werden, den ich nicht gleich zur Hand habe? 
Der Gegenstand scheint einer noch genaueren Untersuchung zu bedürfen. 
Für heute ist’s wohl Zeit, Sie um Verzeihung zu bitten, dass ich so 
Delambrisch breit geworden bin.
	        
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