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Gauss an Olbers. Göttingen, 1826 Februar 19.
und dadurch gewissermaassen erst dieses Feld der Geistesthätigkeit zu
einer Wissenschaft zu machen, das bisher nur ein dunkles Herumtappen
war. Die Anwendbarkeit jener Idee ist von unerschöpflicher Mannig
faltigkeit; ich habe zuerst nur ein paar Fälle angedeutet, viele andere
sind mir ausserdem zum Theil gleich anfangs, zum Theil nachher ein
gefallen; bei mehreren sind mir nachher andere in der Bekanntmachung
zuvorgekommen, wie Sie sich z. B. der Methode erinnern, die Biegung
der Fernrohre 1 ) zu finden. Die jetzt von Bohnenberger aufgestellte
Idee * 2 ) ist gewissermaassen auch darunter, aber ich wusste nicht recht,
wie ich die Illumination anbringen sollte; Bohnenberger hat nun die
praktische Ausführbarkeit bewährt, obgleich ich wünschte, dass er in
seiner Beschreibung etwas deutlicher gewesen wäre. Er bringt bei
doppeltem Okular sie zwischen beiden an; aber bei einfachem zwischen
dem Netz und dem Augendeckel. Zwischen beiden sitzt ja aber das
Glas beinahe in der Mitte der Theorie nach; ist nun sein Illuminateur
zwischen Netz und Okular, oder zwischen Okular und Augendeckel?
Welche Form hat der Illuminateur und welche Grösse ungefähr die
Oeffnung? Ich werde nun darüber, da Bohnenberger so unvollständig
sich ausdrückt, Versuche machen, obwohl es unangenehm ist, dazu ein
Okular gleichsam erst aufopfern zu müssen, da hier niemand auf solche
Glasarbeiten eingerichtet ist. Es wäre vielleicht gut, die ganze letzte
Okularröhre von Glas zu machen.
Von Krayenhoee habe ich in diesen Tagen Antwort erhalten, er
hat mir die Hauptmomente der Beobb. von Jever geschickt. Ich habe
noch nicht Zeit gehabt, sie sorgfältig zu diskutiren, auch erhellt nicht
daraus, wie er die Centrirungs-Elemente gefunden hat, aber so viel scheint
mir gewiss, dass seine Beobb. lange nicht die Genauigkeit haben wie
die meinigen. Ich kann noch keine Pläne für die Zukunft machen. Ich
habe eigentlich keinen grossen Drang zu noch einer trigonometrischen
Campagne — ich lasse dahin gestellt, ob ein glücklicher Fund in meinen
Tlieoreticis mir vielleicht neuen Unternehmungsmuth einflössen würde —,
einstweilen werde ich erst Schumacher’s Antwort in Rücksicht auf die
Beobb. mit dem Zenithsektor erwarten.
Die unbeschreibliche Schlechtigkeit meiner Uhren verleidet mir
hier jetzt alles Observiren; allein ich habe Nachricht, dass ein Regulator
von Hardy, welchen S. K[önigliche] H[oheit] der Herzog von Sussex der
Sternwarte zum Geschenk machen will, nächstens abgesandt werden
soll. Mit dem grössten Widerwillen wende ich sonst meine Zeit auf Ar
beiten, aus denen bei aller angewandten Mühe doch nichts Rechtliches
herauskommen kann.
*) Vergl. Brief No. 526, Anmerkung 2 auf S. 339. Knn.
2 ) Siehe Anmerkung 2, S. 439. Krim