Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

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Olbers an Gauss. [Bremen, 1820 bald nach September 18.] 
No. 393. Olbers an Gauss. [215 
[Bremen, 1820 bald nach September 18.] 
Ihren vorletzten Brief habe ich Ihnen noch nicht beantwortet, 
worin Sie mir unter andern so interessante Nachrichten von Ihren un 
vergleichlichen Werkzeugen gaben. Allerdings ist Ihr Mittagsfernrohr 
auch bloss als Fernrohr betrachtet von einer seltenen Vollkommenheit. 
Ich wurde neulich veranlasst, einige Betrachtungen über Fernrohre, 
und besonders über das Sehen mit Fernrohren anzustellen, wobei meine 
Hauptabsicht war, unsere Achromaten und Teleskope mit den grossen 
ehemals gebrauchten unachromatischen Sehwerkzeugen zu vergleichen. 
Für Ihr Mittagsfernrohr finde ich dabei aus den Dimensionen, dass es, 
für ein Auge wie das meinige gebaut, die Lichtstärke der damit be 
trachteten Gegenstände = 200,3 geben wird, w 7 enn die Lichtstärke mit 
blossem Auge = 1 ist. Bei meinem Sfüssigen Dollond ist diese Licht 
stärke = 130,7. Ich bin aber überzeugt, dass diese Lichtstärken für 
andere Augen anders, und besonders für natürlich kurzsichtige Augen 
grösser ausfallen werden, so wie dann auch myopische Augen bei gleicher 
Okular-Equipage ein grösseres Bild sehen. In Ansehung der Licht 
stärke leistet mein Dollond so viel, als ein ehemaliges Fernrohr von 34, 
Ihr Mittagsfernrohr als eins von 53 Fuss. Vergrössern kann man aber 
einen Achromaten viel stärker lassen als ein nnachromatisches Fern 
rohr von gleicher Lichtstärke. Dies und die Präcision der Bilder u. s. w. 
hängt dann von der innern Vollkommenheit der Sehwerkzeuge ab, 
die bei Ihren REiCHENBACH’schen Fernrohren sehr gross scheint. Dass 
übrigens auch die ältern Astronomen oft sehr gute Fernrohre in ihrer 
Art hatten, lässt sich aus ihren Beobb. schliessen. Cassini sah mit 
seinem 34fiissigen zuweilen alle 5 Saturntrabanten, während ich mit 
meinem Dollond auch bei dem heitersten Wetter und den günstigsten 
Umständen nie mehr wie 3 habe erblicken können. 
Die Aufsuchung des ENCKE’schen Kometen im künftigen Jahr 1 ) wird 
besonders die Lichtstärke unserer SehWerkzeuge in Anspruch nehmen. 
Im Frühjahr 1822 scheint es mir gar nicht möglich, den Kometen zu 
finden, sein niedriger Stand in der Abendröthe macht dies bei seiner 
grossen Lichtschwäche unmöglich. Aber im Dec. und Jan. ist eher 
daran zu denken. Wenn der Komet hoch am Himmel in der Nähe des 
Sterns Algenib im Pegasus steht, dürfte es eher möglich sein. Ich habe 
deswegen Encke gebeten, doch auch für diese Monate eine Ephemeride 
T ) Im Juni 1822 von J. Dunlop zu Paramatta wieder aufgefunden. Vergl. 
Olbers Brief v. 6. Febr. u. 20. Dec. 1823. Krm.
	        
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