Olbers an Gauss. Bremen, 1827 Mai 23.
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No. 615. Olbers an Ganss. [326
Bremen, 1827 Mai 23.
Ihren lieben Brief 1 ) ans Hannover erhielt ich gerade erst 24 Stunden
nachher, wie Haetmann’s uns schon wieder verlassen hatten, die nun
einmal sich nicht länger wollten halten lassen, weil der General seinem
Bruder, dem Oberst-Lieutenant Haetmann in Nienburg, gewiss ver
sprochen hatte, den Sonntag bei demselben zuzubringen, da letzterer
bei dem jetzigen Excerciren nur an diesem Tage von Dienstgeschäften
frei war. Ich habe also nicht mit dem General über Ihren Brief
sprechen können.
Das sonderbare Benehmen des G[eneral]-F[eld]-Z[eugmeisters] frap-
pirt mich sehr. Um aber die Wahrhaftigkeit des Generals Haetmann
nicht zu kompromittiren, muss ich bekennen, dass ich nicht gewiss bin,
ob er mir gesagt hat: „Der G[eneral]-F[eld]-Z[eugmeister] sei durch
die letzte Probe von der Dienstfähigkeit Ihres Hrn. Sohnes völlig über
zeugt worden“, oder „der G[eneral]-F[eld]-Z[eugmeister] werde jetzt
völlig überzeugt sein.“ Alles Uebrige war buchstäblich so, wie ich es
Ihnen geschrieben. Ich frag Haetmann noch ausdrücklich, ob ich Ihnen
das mir Gesagte mittheilen dürfe, und er hatte garnichts dagegen.
Haetmann sagte noch: „er selbst könne eigentlich wenig zum
Avancement Ihres Hrn. Sohnes beitragen. Diese hinge mittelbar von
R[öttigee] und unmittelbar von Decken ab. Indessen habe ich doch
alle seine bona officia für Ihren lieben Sohn in Anspruch genommen,
und werde nicht unterlassen, ihn noch ferner daran zu erinnern.
Es thut mir zwar unendlich leid, mein theurer Gauss, dass ich
Sie diesmal nicht hier sehen und umarmen soll, aber die Betrachtung,
wie viel Vergnügen und Interesse eine Heise nach Berlin’ unter den
jetzigen Verhältnissen Ihnen gewähren wird, und wie viel Nutzen sie
vielleicht in so mancher Rücksicht gewähren kann, muss mich einiger-
maassen trösten.
Sie können [sich] leicht denken, mein allertlieuerster Freund, wie
neugierig ich auf den Erfolg Ihrer jetzigen Z[enithsektor]-B[eobb.] und
auf das Resultat, den Polhöhen-Unterschied zwischen G[öttingen] und
A[ltona], bin. Was Sie mir darüber gütigst mittheilen werden, wird mir
grosse Freude machen. Möge anhaltendes heiteres Wetter Ihre Beobb.
begünstigen und abkürzen, und besonders der Himmel Ihre kostbare
Gesundheit erhalten und stärken. *)
*) Dieser Brief, der hauptsächlich Mitteilungen über das Avancement von
Gauss’ ältestem Sohn und über Gauss’ Absicht von Altona nach Berlin noch zu reisen,
enthalten dürfte, ist nicht vorhanden. Sch.