Olbers an Gauss. Bremen, 1830 Oktober 20.
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wenig aufgelegt fühle. Vermissen Sie also etwas, mein tlieuerster
Freund, so entschuldigen Sie es mit Ihrer gewohnten Nachsicht, und
zeigen mir, was Ihnen nicht genügt, gelegentlich gütigst an.
Es würde vielleicht nicht ganz ohne Interesse für Sie sein, ivie
ich das jiqwtov xpevdog gefunden habe; denn in der That fiel es mir
ebenso wenig wie Ihnen beim Lesen der BENZENBERG’schen Schrift ein,
die Richtigkeit seiner Rechnung in Zweifel zu ziehen, noch hatte ich
Lust, sie Schritt für Schritt von vorne her zu prüfen. Von hinten
zurück vielmehr wurde es mir evident, dass ein wesentlicher Fehler
versteckt sein müsse, und dann war es freilich leicht, die Quelle zu
finden. Für diesen Brief würde jedoch diese Entwicklung 1 ) zu weit
läufig werden.
Ich wiederhole nochmals den schwachen Ausdruck meines Dankes
für alles, was Sie für meinen Sohn gethan haben, und so auch für
Ihre freundschaftliche Bereitwilligkeit, die in meinem letzten Briefe
gewagte Bitte zu erfüllen, und erwarte nur die Anzeige über die Grösse
meiner ablösbaren Schuld; denn dass ich die grössere Schuld, die Sie
und Ihr edler Schwiegersohn mir auferlegt haben, nie abzulösen im
Stande bin, fühle ich nur zu sehr.
No. 650. Olbers an Gauss. [3u
Bremen, 1830 Oktober 20.
Ihr Hr. Sohn ist, wie Sie vorläufig von Hrn. Prof. Gerling, der
mich hier mit einem kurzen Besuche erfreute, werden gehört haben,
am 13. Okt. glücklich in See gekommen. Vom 29. Sept. an, wo er
sich einschiffte, bis zu dem angegebenen Tage musste das Schiff des
anhaltenden widrigen Nordwestwindes wegen am Ausfluss der Weser
liegen bleiben. Dieser Verzug hat indessen das Gute gehabt, dass nun
auch der wiederhergestellte Hr. Bredenkamp die Reise hat mitmachen
können. — Ein in Philadelphia etablirter, mitreisender deutscher Kauf
mann hat versprochen, sich gleichfalls Ihres Hrn. Sohnes anzunehmen,
für den nach allen Erkundigungen wohl eher in Philadelphia als in
New York etwas zu finden sein wird. — Seit dem wirklichen Antritt
der Seereise des Schiffes haben wir das schönste Wetter gehabt.
Uebrigens kann ich meine vorige Aeusserung nur bestätigen, dass
sich der Verreiste hier vollkommen gut betragen hat. Seine Hand
schrift hat sich durch den hier genossenen Unterricht bewunderns
würdig verbessert. Auch hat er fleissig englische Sprache studirt, mit
9 Siehe Brief No. 651 vom 10. Nov. 1830. Krm.