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Olbers an Gauss. Bremen, 1830 Oktober 20.
welchem Erfolge, kann ich nicht beurtheilen; allein die nothwendige
Uebung in dieser Sprache auf dem Schiffe wird schon nachhelfen.
Sehr bin ich Ihnen für Ihren letzten Brief vom 7. Okt. verbunden.
Die Auseinandersetzung der Unrichtigkeit der Benzenbeb,Gr’schen Rech
nung und Anwendung der DALTON’schen Theorie war mir äusserst
interessant. Jetzt sehe ich, Dank Ihrer lichtvollen Darstellung, seinen
Irrthum vollkommen ein. Schwerlich würde ich ihn von selbst geahnt
haben, so wie nun seit 18 oder 19 Jahren, seitdem die Benzenberg-
schen Rechnungen 1 ) gedruckt sind, noch kein Mathematiker, selbst die
nicht, die sich ganz eigentlich mit der Würdigung oder Widerlegung
der BENZENBERG-DALTON’schen Theorie beschäftigten, ihn bemerkt hat.
Die Veranlassung, wodurch es Ihnen a posteriori evident wurde, dass
irgendwo ein Fehler stecken müsse, möchte ich doch gern wissen.
Die DALTON’sche Theorie kann also auf alle beim Höhenmessen
vorkommenden Fälle ganz vernachlässigt werden. Ueberhaupt hat
mir die Behauptung, dass die verschiedenen Gasarten, die zur atmo
sphärischen Luft vermischt sind, gar nicht aufeinander drücken sollten,
immer nicht recht glaublich und begreiflich geschienen. — Unserem
Benzenberg wird Ihre Belehrung sehr unerwartet gekommen sein, und
ihm eine Lieblings-Puppe geraubt haben, mit der er sich so lange be
schäftigte. Ich will aber nicht hoffen, dass der Schrecken darüber
nachtheilig auf seine Gesundheit gewirkt hat, ob ich gleich sonst seinet
wegen etwas besorgt bin. Ganz im Anfänge des Septembers schrieb er
mir, er werde in nächster Woche den Tag seiner lange versprochenen
Ankunft in Bremen anzeigen, und seitdem habe ich auch nicht das Ge
ringste weiter von ihm gehört.
Der treffliche Encke hat mich besucht, und ich habe mit ihm
3 oder 4 recht vergnügte Tage verlebt. Haben Ihnen die Ohren nicht
ein wenig geklungen, lieber Gauss? Encke hat ebenso viele Verehrung
und Liebe für Sie als ich, und unser bewunderter Freund war ein
Hauptgegenstand unseres Gesprächs.
Rümker, der, wie Ihnen längst bekannt ist, nicht wieder nach
Neuholland zurückgeht, ist, wie er doch sehr wünscht, in Hamburg noch
nicht wieder angestellt. Er schreibt mir unter anderem, dass Zach an
einem Recidiv seiner Steinschmerzen leide und statt seiner vorgehabten
Reise in die Hyerischen Inseln den Winter in Paris bleiben muss.
Encke hat hier die Bedeckung von y Tauri am 5. Okt. beobachtet.
Sie ist in Göttingen wohl nicht gesehen worden?
Am Himmel giebt es sonst, so viel ich weiss, nichts Neues; auch
hier herum Gottlob auf der Erde nicht. Der 18. Okt. ist hier voll
l ) Gilbert’s Annalen der Physik, 1812 Bd. 42, S. 155—196. Krm.