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Olbers an Gauss. Bremen, 1833 December 3.
durch das öffentliche Gerücht manches, zum Theil Unverständliches ge
hört, lieber ist mir nun, das Authentische über diese erstaunenswürdige
Anwendung des Galvanismus zu erfahren. Allerdings würde sich mit
dicken Drähten auch unter der Erde in Glasröhren ein solcher Tele
graph wohl für jede Distanz einrichten lassen, wenn man die Kosten
daran wenden will. In freier Luft möchte ein Draht zu sehr zufälligen
oder absichtlichen Beschädigungen ausgesetzt sein.
Von den Versuchen mit dem nachgebildeten t> Binge hat mir
Harding einiges geschrieben.
Seyffarth’s Anzeige über seine ägyptische Astronomie, die er mir
zuschickte, habe ich bisher bloss gelesen; ob das eigentliche Werk
schon erschienen ist, weiss ich noch nicht. Früher, und dann auch
wohl nur, wenn Kenner des ägyptischen Studiums uns belehrt haben,
inwiefern Seyffarth richtig gelesen haben mag, lässt sich nicht
darüber urtheilen. Manche seiner dreisten Aussprüche in der Anzeige
haben für den Astronomen viel Unwahrscheinliches, selbst Unglaub
liches. Wie, Hipparch und Ptolemäus sollten von dieser ägyptischen
Astronomie nichts gewusst haben, wenn es auch zu ihrer Zeit Sitte bei
den Aegyptern gewesen wäre, die Horoskope auf alle öffentlichen Denk
mäler zu setzen? — Wenn es aber auch wahr wäre, was Seyffarth
behauptet, so haben wir ja in diesen Horoskopen nicht 14000 alte
Beobachtungen, sondern 14000 Berechnungen nach Gott weiss wie fehler
haften Tafeln oder Cyklen, wie schon daraus unwidersprechlich hervor
geht, dass in den von Seyffarth angeführten Beispielen die Oerter
von Planeten angegeben werden, die gar nicht sichtbar, sondern unter
den Sonnenstrahlen verborgen waren.
Mit viel mehr Interesse lese ich jetzt Newton’s Leben von
Brewster (in der deutschen von Brandes herausgegebenen Ueber-
setzung), das ich zugleich mit der ausführlichen Recension im Edin
burgh Bevieivs zu vergleichen Gelegenheit habe. Was auch Brewster
einwenden mag, so erhellt doch aus den von Brewster selbst beige
brachten Dokumenten, dass Newton im Jahre 1693 viele Monate hin
durch an gestörter Verdauung und Schlaflosigkeit litt, die mächtig auf
sein Gemüth und seine Geistesstimmung einwirkten, zuletzt so stark,
dass er einige Tage im Sept. wirklich in völlige Geistesverwirrung ver
fiel. Nach den von Newton selbst angegebenen Ursachen und Um
ständen seiner Krankheit wird es der Arzt sehr wahrscheinlich finden,
dass Newton nach seiner Wiederherstellung doch nie wieder ganz die
vorigen Geisteskräfte erhält.
Schumacher hat in meinem Namen die Italienischen Astronomen
aufgefordert, den Versuch zu machen, um mit ihren grösseren Fraun-
HOFER’schen Achromaten die Flecken in der Venus wieder zu sehen,