Olbers an Gauss. Bremen, 1820 December 9.
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ihm das, was darauf Bezug hat, aus Ihrem Briefe abgeschrieben hatte,
darüber nachgedacht. Gleich gab er, wie mich dünkt, sehr richtig an,
die Theorie der Maschine beruhe auf dem bekannten geometrischen
Satz, dass über derselben Chorde der Winkel an der Peripherie halb
so gross sei. als am Centrum. Ihre Einrichtung fand er durchaus zweck
mässig und bewunderte die genaue Vorschrift der Konstruktion. Als
Künstler bemerkte er nur noch a) ob es nicht gerathen sei, das Okular
stück KI des Fernrohrs länger als den Schwanz des Spiegels ML
zu machen, weil sonst in einigen Lagen des Fernrohrs jener Schwanz
dem beobachtenden Auge hinderlich sein möchte. Diese Verlängerung
des Fernrohrs würde gar nicht nacht heilig sein, da sie am Objektiv
ende H kontrabalancirt werden könnte, b) Ob es nicht vielleicht besser
sei, die Hülse bei Q an den Schwanz des Spiegels und den Zapfen
an AQ zu nehmen. Er meint, wegen der Form SS des Stückes AQ
würde sonst der Zapfen zu kurz werden. 3) Das Schwanzstück ML
würde der Künstler wohl lieber viereckig als rund machen. Es sei
schwer, ein so langes, doch wohl höchstens \ Zoll dickes, Stück abzu-
drehen, dass es völlig gerade bliebe. — Die Kosten, meint er, würden
nicht sehr gross sein. Er selbst könne sich aber nicht mit der Ferti
gung befassen, da er jetzt kein Atelier zu dergleichen Werkzeugen habe.
Zur Beantwortung meiner Anfrage, ob und unter welchen Be
dingungen er als Gehülfe bei der Gradmessung assistiren wolle, hat er
sich eine kleine Bedenkzeit erbeten, die ich ihm salva ratificatione auf
höchstens 14 Tage zugestanden habe. Er äusserte, noch allerlei Auf
träge und Geschäfte zu haben, die er, wenn er die Stelle einés Gehülfen
annähme, theils zurückweisen, theils unterbrechen müsste. Lukrativ
könne der Natur der Sache nach eine solche Gehülfenstelle nicht sein;,
wenn er sich dazu hingezogen fühle, so geschähe es theils aus Liebe
zur Sache, theils in der Erwartung, dabei gelegentlich viel von Ihnen
zu lernen, theils auch in der Hoffnung, dadurch der hannoverschen Re-
girung bekannt zu werden, und, wenn er sich Ihre Gewogenheit er
worben habe, vielleicht durch Ihre Empfehlung künftig einmal eine für
ihn passende Anstellung bei irgend einem Maschinenwesen z. B. auf
dem Harz bei Salinen und dergleichen zu erhalten. — Gern hätte er
vorher gewusst, wie lange das Messungs-Geschäft wohl wahrscheinlich
dauern werde u. s. w. — Sobald er sich bestimmt erklärt, werde ich
Ihnen sogleich davon Nachricht geben.
Ich kann es mir lebhaft denken, wie unangenehm es Ihnen sein
muss, so lange auf die Antworten der schreibfaulen Künstler unter
solchen Umständen warten zu müssen. Von Epailly ist durchaus nichts
eingegangen, und ich verzweifle nun ganz daran, von ihm etwas zu
hören und zu erhalten.