Full text: Wilhelm Olbers (2. Band, 2. Abtheilung)

Gauss an Olbers. Göttingen, 1835 Januar 20. 
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geben hat, die ihm wenig Zeit übrig lassen. Ich zweifle daher, dass 
er schon vorher Versuche zur Aufsuchung des HALLEv’schen Kometen 
wird machen können, zumal da er gerade in solchen Geschäften noch 
gar keine Uebung hat. Andere dazu tüchtige junge Leute sind gegen 
wärtig keine hier, und mir selbst erlaubt leider meine sehr schwan 
kende Gesundheit selten, mich der Nachtkälte lange auszusetzen. Ist 
es aber irgend thunlich, so sollen Nachsuchungen gemacht werden. 
Ihre gütige Theilnahme und Rathgebung wegen meines zweiten 
Sohnes erkenne ich mit gerührtem Danke. Es wird wohl jedenfalls 
eine weitere Nachricht von dorther erwartet werden müssen; auch 
kann ich nicht leugnen, dass ich, zumal da ich niemand weiss, wo 
durch es ins Werk gerichtet werden könnte, auch zu den Aussichten 
auf eifrige Verwendung, die Sie mir andeuten, wenig Vertrauen haben 
kann; wenigstens haben meine bisherigen Erfahrungen in Europa mir 
keine solche Dienstfertigkeit gezeigt, so wie namentlich fast alle meine 
vielen Versuche und Bemühungen wegen meines jüngsten Sohnes wenig 
anderes bewirkten als einige höfliche Phrasen. 
Leider haben die schönen Erwartungen, die ich noch vor ein paar 
Monaten von seiner neuen Lage hatte, sich gar nicht realisirt. Mein 
Sohn klagte gleich Anfangs über die Art der ihm zugewiesenen Ge 
schäfte, die den ganzen Tag in nichts als mechanischen Schreibereien 
beständen, so wie über die superciliöse Behandlung. Er meldet mir 
nun, dass ihm dieses eigentlich landwirtschaftlicher Thätigkeit ganz 
fremde Verhältniss so unerträglich geworden sei, dass er das Engage 
ment auf Ostern gekündigt habe. Ich selbst kann natürlich aus der 
Ferne über das Verhältniss, und ob und was meinem Sohne dabei zur 
Last fällt, gar nicht urteilen, muss jedoch jedenfalls meinen, dass er 
Mangel an Weltklugheit bewiesen. Er behauptet freilich, es werde 
ihm nicht sehr schwer werden, ein anderes Engagement zu finden, 
allein ich weiss nicht, ob er sich darin nicht getäuscht finden wird. 
Ich stehe dann wieder auf dem alten Punkt, nur in mehr als einer 
Beziehung noch schlimmer als vorher. 
Ich weiss nicht, ob ich Ihnen früher wohl geschrieben, dass er 
schon seit Jahren das Projekt hatte, nach Amerika auszuwandern. 
Ich kann dies nicht unbedingt verwerfen, da das Vermögen, welches 
ihm bei der Majorennität 1838 zufällt, viel zu klein ist, um in Deutsch 
land etwas Bedeutendes damit zu unternehmen, während die Verhält 
nisse in Amerika ganz anders sind. Ich habe jedoch meine Einwilli 
gung nothwendig an die Bedingung knüpfen zu müssen geglaubt, dass 
er erst ein paar Jahre in Deutschland in einer verantwortlichen Stel 
lung sich bewährt gezeigt habe. 
Auf eingezogene Erkundigung habe ich erfahren, dass die Jahr
	        
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