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Gauss an 0 Ibers. Göttingen, 1835 April 22.
auch nicht viel werth. allein dem Wetter kann ich daran keine Schuld
beimessen, da kühle, selbst rauhe Witterung mir im Allgemeinen am
besten zusagt, während solche Wärme, wie z. B. die des vorigen Som
mers, meine Kräfte aufreibt.
Aus Amerika habe ich noch keine Nachricht weiter. Ich glaube
nicht, dass unsere Bibliothek die von Ihnen erwähnte Uebersetzung
besitzt, deren Existenz wie ihr Verfasser und sein Aufenthaltsort mir
ganz unbekannt war.
Mit Verwunderung sehe ich aus Ihrem Briefe, dass unsere armen
G. A. in Bremen so wenig gelesen werden, und lege Ihnen daher einen
Extra-Abdruck, 1 ) den ich von einer Relation über einen von mir ge
haltenen Vortrag habe nehmen lassen, bei. Sehr viel Neues werden Sie
freilich wohl nicht mehr darin finden, da ich das meiste, wenn ich mich
recht erinnere, Ihnen vorher brieflich mitgetheilt hatte. Zu Vermuthungen
über die Ursachen der magnetischen Veränderungen liegt noch zu wenig
Stoff vor, und ich habe immer eine Abneigung oder wenigstens eine
Scheu, Vermuthungen zu machen, wo eine Basis fehlt. Aber für kos
misch in dem Sinne, wie man das Wort nimmt, halte ich die Ursachen
durchaus nicht. Die Frage kann bloss sein, ob sie unterhalb oder ober
halb der Erdoberfläche ihren Sitz haben. Ich hoffe, dass die Erfahrungen
in Zukunft darüber entscheiden werden.
Die Induktionsversuche 2 ) sollen hier bald nach einem noch grösseren
Maasstabe gemacht werden. Es wird eine Induktionsrolle zubereitet,
wozu etwa für 20 Rthlr. Draht verwandt wird (übersponnener), circa
3500 Fuss Länge zu etwa ebenso vielen (3500) Umwindungen. Wie
ganz anders könnten die Resultate ausfallen, wenn grosse Geldmittel
dazu verwandt werden könnten! Sie wissen wohl nicht, dass das jähr
liche Budget für Sternwarte und Magnetisches Observatorium zusammen
nur 150 Rthlr. Courant beträgt. Ich muss also meine Kräfte theilen
1. auf die Sache, 2. darauf, wie mit sehr geringfügigen Mitteln viel zu
leisten ist. Von Steinheil’s Photometer, so wie von den Vorschlägen
des anderen Konkurrenten ist eine ausführliche Beschreibung in den
G. G. M. 3 ) gegeben. Ich bedauere ausserordentlich, dass ich gar keine
Extra-Abdrücke von dem Blatt habe machen lassen, und in diesem Augen
blick auch nicht einmal Herr von meinem eigenen Exemplar bin. Ich
habe es einem Freund geliehen, der gerade verreist ist und nicht unter
0 Dieser Abdruck (36. Stück der G. G. A.) ist nicht mehr bei den Original
briefen. Vergl. Brief No. 684 S. 617 Anmerkung 2 und 4. Krm.
2 ) Vergl. hierzu Briefwechsel Gauss-Schumacher, Brief No. 478 vom 5. Apr. und
No. 487 vom 6. Aug. 1835. Krm.
3 ) Gott. Gel. Anz. 34,—35. Stück, 1835 März 5, Gauss’ Werke Bd. VI, S. 649
bis 652. Krm.