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0 Ibers an Gauss. Bremen, 1835 December 2.
grösserungen oder gar meinen 6füssigen Fraunhofer anzuwenden, war
mir zu unbequem; auch durfte ich es nicht wagen, mich zu lange der
ungewohnten rauhen Abendluft auszusetzen. Wahrscheinlich wegen
dieser unzulänglichen Vergrösserung habe ich deswegen nichts bemerkt,
als dass der sogenannte Kern mir offenbar elliptisch schien, der kleinere
Durchmesser zu dem grösseren etwa wie 3:4, der grössere in der ver
längerten Schweifaxe liegend. Den blassen Schweif konnten meine alten
Augen nur höchstens bis auf 10° oder 11° verfolgen, den Schumacher
und seine Gehülfen doch einige Abende früher (am 14. und 15.) 30° lang
gesehen hatten.
Von dem merkwürdigen Bart, den Sie am Kern den 12. Okt.
wahrnahmen, hat Bessel den Anfang am 2. Okt. zuerst w T ahrgenommen,
und will seine Veränderungen u. s. w., w T ie er mir schreibt, und wie
Sie nun auch aus den Astron. Nachrichten werden gesehen haben, umständ
lich in Steindruck bekannt machen. Auch vom Hofrath Schwabe in
Dessau hat mir Schumacher eine lange Reihe von Zeichnungen über
diese Erscheinung geschickt, und eine ähnliche haben wir wahrscheinlich
von Struve und anderen noch zu erwarten. Ich habe Schumacher ge
beten, auch die von Schwabe bekannt zu machen. Der einzelne Be
obachter übersieht leicht etwas Wichtiges, auch verändert, ihm selbst
unbewusst, eine vorgefasste Meinung leicht seine Ansicht eines Gegen
standes. Deswegen ist es so lehrreich, die Zeichnungen und Beschrei
bungen mehrerer von einander ganz unabhängiger Beobachter zu ver
gleichen. Sie ergänzen, korrigiren und erläutern sich untereinander.
So schreibt mir Bessel nichts von den 3 helleren Rippen, die Schwabe
in der Ausströmung gesehen hat. Schwabe aber scheint die so höchst
merkwürdige, oscillirend veränderliche Stellung der Ausströmung gegen
den die Sonne und den Kometenkern verbindenden grössten Kreis über
sehen zu haben. — Wahrscheinlich veranlassten Schwabe’s hellere
Rippen die 3 hellen Stellen, die Arago an dem Kern zu sehen glaubte,
und aus deren veränderter Lage er auf eine Rotation des Kerns zu
schliessen geneigt war, die sich aber in den folgenden Tagen nicht be
stätigte.
Sehr wichtig ist es, dass Arago durch entscheidende Versuche sich
und seine Mitbeobachter überzeugt hat, das Licht des Kometen sei
polarisirtes, d. i. zurückgeworfenes Sonnen-, kein eigentümliches phos-
phorescirendes Licht.
Auch über die Perturbationen, die des Kometen Lauf bis zu seiner
Sonnennähe erlitten hat, werden wir nun zwei mit der grössten Sorg
falt korrigirte Rechnungen von Rosenberger und Lehmann erhalten.
Sollte sich aus diesen Rechnungen bestimmt ergeben, dass der Komet
mehrere Tage später zu seinem Perihel gekommen ist, als die ge