Olbers an Gauss. Bremen, 1835 December 2.
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naueste Berechnung aller bekannten perturbirenden Kräfte angiebt, so
möchte ich den Einfluss eines uns noch unbekannten Weltkörpers 1 )
wahrscheinlich finden. So hat Bouvard, als er die älteren Uranus-
Beobb. nicht mit den neueren vereinigen konnte, an einen uns bisher
unsichtbar gebliebenen Planeten jenseits des Uranus gedacht. Wirk
lich weichen auch jetzt wieder die neuesten Beobb. des Uranus regel
mässig um 80" von Bouvard’s Tafeln ab.
Die wichtige Frage, ob der HALLEY’sche Komet nach und nach
seit seinen früheren Erscheinungen abgenommen habe, lässt sich aus
dem, was bei seiner diesjährigen Sichtbarkeit wahrgenommen ist, wie
es mir scheint, noch nicht entscheiden, wenigstens durchaus nicht mit
Gewissheit bejahen. Sein Kopf war auch diesmal sehr glänzend, und
den Schweif fand man schon 1531 und 1607 immer sehr blass. Viel
kommt bei Beurtheilung dieser Frage auf die Realität der römischen
Beobb. 2 ) an, die man noch bezweifeln will. Ich habe für den 6. Aug.
15 h mittl. Berliner Zeit aus den neuesten Elementen von Rosenberger,
doch etwas flüchtig, berechnet
82° 25'46" Dekl.c# 22° 17'58"
was mit Dumouchel’s Zeichnung hinreichend genau übereinstimmt.
Freilich ist in dieser Zeichnung die Zunahme der nördlichen Dekl.
vom 5. Aug. bis zum 7. Aug. morgens in 2 Tagen nicht völlig 4',
die nach der Rechnung wenigstens 8'—9' sein müsste; aber dies scheint
mir eben für die Realität von Dumouchel’s Beobb. zu sprechen. Bei
seinen Schätzungen kann leicht ein Fehler von 4'—5' stattfinden, den
er vermieden haben würde, wenn der Komet nicht wirklich gesehen,
nur nach einer berechneten Ephemeride in die kleine Karte eingetragen
wäre. Ich habe Schumacher gebeten, die von Dumouchel gezeichnete
Sterngruppe mit dem Himmel vergleichen und die vornehmsten Sterne
derselben genau bestimmen zu lassen.
Die Nachricht von der immer grösseren Verbreitung magnetischer
Observatorien nach Ihren herrlichen Entdeckungen ist sehr erfreulich,
und herzlich habe ich darüber lächeln müssen, dass man nun auch
telegraphische Depeschen auf schmecken kann.
Eine kleine Broschüre: H. D. Wilkens, Specimina duo, mathemati
cum et physicum, Göttingen 1789, kennen Sie wahrscheinlich, und wird
Sie auf alle Fälle auch wohl nicht sonderlich interessiren. Wilkens
0 Siehe auch Olbers’ Brief vom 16. Nov. 1835 an Bessel, Briefwechsel Bd. II,
S. 407. Krm.
9 Dumouchel fand den HalleY’schen Kometen zuerst in Rom am 5. Aug.,
dessen Beob. zuerst angezweifelt wurde. Siehe auch Briefwechsel Gauss-Schumacher,
Brief No. 489 und No. 490. Krm.